Kraftwerk: Mindestens drei Wochen bis Nachsprengung

Das Kesselhaus des Kraftwerks wurde mittels Drohne untersucht
Nach missglückter Sprengung müssen Verformungen einberechnet werden. Kritik kommt von Sprengmeistern.

Mindestens drei Wochen wird die neue Planung rund um die Sprengung des standhafte Kesselhauses des Voitsberger Kohle-Dampfkraftwerks dauern. Christian Fiedler, Sprecher des Militärkommandos Steiermark, sagte, dass die Porr AG schon am Sonntag die weitere Zusammenarbeit mit den Heeres-Sprengstoffexperten bekräftigt habe. Man stehe nun aber vor einem "Neustart", alles müsse neu berechnet werden.

Seit Montag, 8.00 Uhr, waren Drohnen beim Kesselhaus in der Luft, um zu erkunden, welche Bereiche von den Experten betreten werden können. Zusätzlich wurden die Fachleute in Teleskophebekörben außen am Gebäude hochgebracht, um festzustellen, warum die detonierten Sprengsätze nicht die erwünschte Wirkung erzielten.

Massive Verformungen

"Wir müssen nun ein neues statisches Gutachten erstellen", erklärte der Offizier. In dieses würden die entstandenen massiven Verformungen eingerechnet. Durch die weitere Schwächung der Statik sei die konzeptionelle Planung wieder komplett neu aufzustellen. Gewissheit gibt es hingegen darüber, dass alle platzierten Sprengpakete detonierten. Von Anrainer wahrgenommener Lärm komme von großen Teilen, die in den Stunden nach der Sprengung hinunterfielen, nicht von angeblich verspäteten Zündungen.

Ungewissheit herrsche noch über die Frage, wer die Kosten trage. Die Verträge zwischen dem Bundesheer und der Porr würden erst geprüft. Fix sei aber: "Was wir begonnen haben, bringen wir auch gemeinsam zu Ende", so Fiedler.

Kraftwerk: Mindestens drei Wochen bis Nachsprengung
ABD0039_20151108 - VOITSBERG - ÖSTERREICH: Die Sprengung des frühere kohlebetriebene ÖDK-Kraftwerks im weststeirischen Voitsberg ist am Sonntag, 08. November 2015, missglückt. Das Kesselhaus brach nicht wie geplant in sich zusammen. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU

Kritik an Bundesheer

Indessen wurde am Montag Kritik aus den Reihen der steirischen Sprengungsunternehmen laut: "Das Bundesheer kann vieles sehr gut. Aber in diesem Fall hätte man echte Sprengprofis ans Werk gehen lassen müssen", teilte Wirtschaftskammer-Berufsgruppensprecher Richard Isele in einer Aussendung mit. Der Fehler an der missglückten Sprengung liege in der Abwicklung: "Das Gebäude wäre mit mehreren Teilsprengungen anstelle einer Sprengung sicher eingestürzt." Er forderte nun eine Ausschreibung an den Bestbieter.

Bei der Sprengung am Sonntag war es zu einer Panne gekommen: Während Stiegenhausturm und Mittelbau wie geplant umfielen, blieb das Kesselhaus trotz mehrerer Hundert Kilogramm Sprengstoff stehen. Der Abriss der drei Gebäude sollte die Endphase des mehrjährigen Rückbaus des Kraftwerks darstellen.

Bereits Panne bei Schlot-Abbruch

Schon Anfang August war es zu einer Panne beim rund 180 Meter hohen Schlot gekommen, der nach einer Beschädigung am Fundament schief stand und danach mit Roboterbaggern abgerissen werden musste. Man sprach daher vom "schiefen Turm von Voitsberg".

Ein Video zu den Vorgängen am 4. August 2015

Prägend

Das Kraftwerk, dessen Block 1 seit 1948 in Betrieb war und dessen letzter produzierter Strom 2006 aus Block 3 floss, war prägend für die Region und von Weitem sichtbar. Nachdem die Reste der Sprengung beseitigt sind, will die Porr das rund 250.000 Quadratmeter große Areal rekultivieren. Die Gemeinde als Käufer erwartet eine grüne Wiese, auf der in Zukunft Gewerbe und Industrie Platz finden sollen.

Der markante Kühlturm fiel bereits im Mai 2013 in sich zusammen. Statt einer Sprengung wurde eine neuartige Seilzugmethode angewendet. Dazu wurde der Stahlbetonmantel mittels Baggern mit etwa 20 senkrechten Schlitzen versehen, um ihn gezielt zu schwächen. Anschließend wurde ein 200 Meter langes Stahlseil um die geschwächte Zone gelegt an denen mit zwei Abbruchbaggern gezogen wurde. Dieser Abbruch verlief planmäßig (siehe Video).

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