Verbot lässt illegales Glücksspiel wuchern

Immer mehr Frauen entdecken das Glücksspiel.
Brancheninsider spricht von Steuerbetrug im großen Stil. Novomatic jagt illegale Aufsteller.

Die in den vergangenen Jahren in mehreren Bundesländern beschlossenen Verbote des kleinen Glücksspiels haben offenbar nicht nur gewünschte Effekte gebracht. Denn dem österreichischen Fiskus entgehen durch illegal aufgestellte Spielautomaten (vulgo einarmige Banditen) durch die organisierte Kriminalität bundesweit pro Monat knapp 30 Millionen Euro.

Ex-Polizist, Sicherheitsberater und Brancheninsider Werner Radakovits spricht von mindestens 350 Millionen Euro Steuerverlust pro Jahr: "Das Problem ist, dass das Finanzministerium illegal aufgestellte Geräte anzeigen muss und die Bezirkshauptmannschaften oder die Polizei die Amtshandlung durchführen müssen. Die Landesgesetzgebung spielt den illegalen Aufstellern in die Hände."

Aktuell ist das kleine Glücksspiel in fünf Bundesländern (OÖ, NÖ, der Steiermark, dem Burgenland sowie Kärnten) an Konzessionsinhaber wie etwa die Novomatic vergeben. In diesen Ländern müssen sich Spieler ausweisen und die Geräte haben eine elektronische Datenverbindung an das Finanzamt. Radakovits: "So kann bei den Abgaben nicht manipuliert werden."

In Wien, Tirol, Salzburg und Vorarlberg sind die Geldautomaten generell verboten. Trotzdem wird in Hinterzimmern und Stüberln von Wirten oder in Clubs gezockt, als gäbe es kein Morgen. 600 illegale Automaten sollen in den Bundesländern mit Spielverbot in Betrieb sein.

Kein Dementi der Finanz

Auf KURIER-Anfrage bestätigte ein Kabinetts-Sprecher des Finanzministerium diese Zahl vorsichtig: "Diese Größenordnung deckt sich in etwa mit unseren Erhebungen."

Noch alarmierender ist die Unterwanderung in den fünf Bundesländern mit Konzessionsvergaben. In diesen Teilen des Landes sollen 1250 illegal aufgestellte Geldautomaten an der Steuer vorbeigeschleuste Millionen-Umsätze lukrieren.

Neben der öffentlichen Hand verlieren dadurch auch die Konzessionsträger Millionen. Hannes Reichmann, Novomatic-Konzernsprecher , bestätigt: "Wir führen seit Jahren einen von den Behörden anerkannten und mit hohen Kosten verbundenen Kampf gegen das illegale Glücksspiel. Bis dato wurden über das konzessionierte Tochterunternehmen Admiral 300 Klagen gegen illegale Betreiber eingebracht. Darüber hinaus sind bereits 250 einstweilige Verfügungen und Strafen gegen Verstöße in Millionenhöhe erlassen worden." Erst vergangene Woche wurden in der Steiermark Dutzende illegale Automaten beschlagnahmt und Betriebe geschlossen.

Das personalintensive Vorgehen gegen die Geldautomaten-Mafia gleicht einer Verfolgungsjagd. Regional werden Gaststätten, Lokale und private Clubs inkognito von Novomatic-Mitarbeitern besucht und bei Rechtsbruch angezeigt. Reichmann verrät noch eine weitere Quelle: "Bei illegalen Anbietern gibt es keinen Spielerschutz und keine Spielsuchtprävention. Wer viel Geld verloren hat, informiert gerne einmal unser Unternehmen über illegale Geräte."

Verzweifelte Angehörige

Auf diese Quelle setzt auch die Finanz. "Nicht selten melden Angehörige von Spielsüchtigen die Hinterzimmer-Automaten", bestätigt der Sprecher des Ministeriums.

Wie aber kommen Hunderte illegale aufgestellte Geldautomaten zu den spielsüchtigen Kunden? Branchenkenner Radakovits, er informierte betreffend der Problematik alle Parlamentsklubs, erklärt die Strategien der organisierten Kriminalität: "Zum Teil werden die Geräte aus Tschechien und der Slowakei zerlegt importiert. Sogar im Internet sind Automaten legal zu kaufen. Der aktuellste Trend ist, dass die später illegal aufgestellten Maschinen in Eigenregie hergestellt werden." Die kriminell organisierte Automaten-Mafia rekrutiert sich großteils aus Tschetschenen, Albanern und Türken.

Die Österreicher haben im Vorjahr – trotz rückläufigen Automaten-Spielangebots – erneut mehr Geld für Glücksspiele und Sportwetten ausgegeben. Wobei Frauen immer häufiger ihr Glück versuchen.

Verbot lässt illegales Glücksspiel wuchern
Die Nettoerlöse der Branche stiegen 2015 um gut drei Prozent auf 1,551 Milliarden Euro. Dieses Ergebnis errechnete die Berater-Kanzlei Kreutzer Fischer & Partner. Kräftig zulegen konnten dabei Casinos, Sportwetten und Online-Gaming. Automatenspiele verloren. Und Lotterien blieben relativ stabil.
Die höchsten Nettoerlöse erwirtschafteten mit deutlichem Abstand erneut die Lotterie-Glücksspiele. Diese Form des Gambelns nahm im Vorjahr 663 Millionen ein (ein leichtes Minus von 0,9 Prozent gegenüber 2014).

Im zweitstärkste Segment, Automaten-Glücksspiele und Video-Lotterie-Terminals, wurde im Vergleichszeitraum mit 338 Millionen Euro um zehn Prozent weniger Gewinn eingespielt. Nicht zuletzt wegen des in Wien seit 2015 verhängten Automatenverbots. Von diesem Verbot wiederum profitierten die Casinos. Ihre Nettoerlöse stiegen um mehr als ein Viertel auf 212 Millionen Euro. Auch der Sportwettenmarkt florierte. 186 Millionen gaben die Spieler dafür aus (19 Prozent plus). Und Online-Gaming über Smartphones boomte mit 152 Millionen Euro Gewinn für die Anbieter.

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