Klage über Willkür in Spielfeld

Viele Flüchtlinge wurden staatlich organisiert bis nach Spielfeld gebracht
Flüchtlinge bringen das System Grenzmanagement vor Verwaltungsgericht.

21. Februar, irgendwann um die Mittagszeit. Eine Familie aus dem Irak Vater, Mutter und fünf Töchter durchwandert das "Grenzmanagement" von Spielfeld. Ein System, das Hilfsorganisationen skeptisch "Black Box" nennen: Im von außen nicht einsehbaren Konstrukt aus Zelten, Zäunen und Containern entscheidet sich, welcher Flüchtling in Österreich bleiben oder weiter nach Deutschland darf.

Die irakische Familie musste zurück nach Slowenien. "Das macht keinen Sinn", beschwert sich der Vater bitter in einer schriftlichen Stellungnahme. "Wir wurden völlig willkürlich aus 1000 Menschen ausgewählt. Aber wir sind Kriegsopfer wie die anderen auch, meine Frau wurde verwundet, das Bein meiner Tochter durch eine Bombe verstümmelt."

Willkürliche Entscheidungen der Polizisten an der Grenze, fehlerhafte Übersetzungen durch nicht ausgebildete Dolmetscher: Das sind die Vorwürfe, die die Organisation Border Crossing Spielfeld im Namen von Flüchtlingen erhebt. In 588 Fällen soll es kurz vor dem Schließen der "Balkanroute" zu nicht nachvollziehbaren Zurückweisungen gekommen sein, berichtet Birgit Roth von der Plattform: "Viele Leute wissen bis heute nicht, warum es sie erwischt hat."

Präzedenzurteile

24 Fälle wurden namentlich dokumentiert und vor das Landesverwaltungsgericht Steiermark gebracht. Den Betroffenen selbst hilft das nicht mehr, allerdings will die Plattform das System Grenzmanagement überprüft wissen: "Das zielt darauf ab, zu hinterfragen, ob die Polizisten willkürlich gehandelt und nicht entsprechend dem Schengen-Verfahren gehandelt haben", begründet Sprecherin Roth. Man hofft so, Präzedenzurteile im Hinblick auf die Notverordnung der Regierung zu bekommen: Ist die Obergrenze von 37.500 Asylanträgen erreicht, soll die Verordnung in Kraft treten. Dann können Asylwerber direkt an der Grenze abgewiesen werden.

Montag wurden die ersten drei Fälle am Grazer Gericht verhandelt, die Urteile ergehen schriftlich. Unter den Betroffenen ist ein Lehrer aus Aleppo, der flüchtete, aber seine beiden Kinder bei der Ex-Frau ließ. Nur das habe die Polizisten interessiert, ärgert er sich bei der Verhandlung. "Aber bevor ich richtig antworten konnte, habe ich auch schon das rote Band gehabt." Grün, gelb, rot: Die Polizei gibt in Spielfeld Bänder an die Flüchtlinge aus - rot steht für Zurückweisung nach Slowenien.

Der Lehrer beantragte Asyl in Slowenien. Der Fall eines ebenfalls abgewiesenes afghanisches Ehepaares wird auch verhandelt: Dieses Paar ist unter jenen, die sich über Mängel beim Dolmetschen beschweren. Es durfte nämlich nicht weiter, nachdem ein Übersetzer befunden habe, dass es aus einem "Nicht-kriegsführenden Gebiet" Afghanistans komme.

Nicht ausgebildet

Laut Border Crossing Spielfeld seien die Übersetzter teilweise nicht ausgebildet gewesen: Die Sicherheitsfirma G4S habe die Dolmetscher gestellt. So seien unter anderem Migranten, die für das Unternehmen arbeiten, als Übersetzer nach Spielfeld gekommen. Eine Syrerin schilderte später, wie das abgelaufen sei: "Mein Mann hat kurz auf eine Frage geantwortet, aber der Dolmetscher hat lange übersetzt. Die Polizei hat dann geschrieben, wir wollen in Österreich nur ein besseres Leben."

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