Kinderporno: Polizist nicht entlassen

ARCHIV - ILLUSTRATIOn - Ein Datenträger mit dem Schriftzug "Kinderpornographie" liegt am 23.01.2009 in Kassel im Laufwerk eines Notebooks. In einem der bundesweit größten Prozesse um Kinderpornografie müssen sich seit Mittwoch (08.09.2010) neun Männer vor dem Landgericht Darmstadt verantworten. Sie sollen im Internet über Jahre hinweg große Mengen von Bildern und Videos ausgetauscht haben, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen. Dafür seien im Netz abgeschottete Treffpunkte eingerichtet worden, zu denen nur ganz bestimmte Nutzergruppen Zugang hatten. Bei einer Razzia seien über 100 000 Dateien entdeckt worden.Foto: Uwe Zucchi dpa/lhe +++(c) dpa - Bildfunk+++
Disziplinaroberkommission wird nach umstrittenen Urteilen aufgelöst

Prügel für die Ehefrau, Kinderpornos am Dienstcomputer, Folter an einem Schubhäftling oder Lob für Adolf Hitlers „Mein Kampf“ – das alles war bisher kein Entlassungsgrund für Beamte. Zwar wurde gegen die Betroffenen zumeist in erster Instanz die Entlassung ausgesprochen. Die Disziplinaroberkommission im Bundeskanzleramt hob diese aber zumeist wieder auf. Seit Jahren gab es deshalb Forderungen, auch von Amnesty International, diese Kommission aufzulösen. Das wird nun tatsächlich umgesetzt.

Kinderporno: Polizist nicht entlassen

„Barmherzige Brüder“

Eines der letzten umstrittenen Urteile wurde erst vor wenigen Tagen höchstgerichtlich bestätigt. Ein niederösterreichischer Revierinspektor hatte im Jahr 2008 Kinderpornos auf seinem PC daheim gespeichert. Zunächst wurde die Entlassung ausgesprochen. Doch die Disziplinaroberkommission, die intern liebevoll „Barmherzige Brüder“ genannt wird, hob diese auf.

Eine Begründung lautete: Der Beamte habe nicht – wie etwa im Falle der Folterpolizisten – selbst jemanden gequält, sondern eben „nur“ Bilder angeschaut. Außerdem habe er das außer Dienst gemacht und nicht in der Polizeiinspektion, das sei als mildernd zu bewerten.

Beim Strafgericht fasste der Beamte „vier Monate bedingt“ aus. Die Disziplinaroberkommission begnügte sich mit fünf Monatsgehältern Bußgeld. Eine Entlassung wäre die Höchststrafe und bei solchen Milderungsgründen nicht angebracht, bestätigte nun sogar der Verwaltungsgerichtshof, obwohl sich der Disziplinaranwalt des Innenministeriums 2012 für die Entlassung des Beamten stark gemacht und den Fall vor das Höchstgericht gebracht hatte. Nun muss man im Ministerium diese Entscheidung zähneknirschend „zur Kenntnis“ nehmen. „Dass wir ihn entlassen wollten, ist evident“, sagt ein Ressortsprecher.

„Adolf ist dabei“

Erst vor zwei Wochen berichtete der KURIER über ein weiteres merkwürdiges Urteil: Ein Zöllner hatte in Internetforen geschrieben, seine Ressortchefin Maria Fekter gehöre „an die Wand gestellt“. Und weiters schrieb er im weltweiten Datennetz: „Wenn es um große, österreichische Persönlichkeiten geht, ist Adolf einfach dabei.“ Auch Hitlers „Mein Kampf“ sei ein Buch, dass die Zukunft zeige, schrieb der Beamte von seinem Dienstcomputer in Internetforen.

Er musste ein Jahr in Haft, darf aber weiterhin seinen Dienst versehen. 10.000 Euro Bußgeld lautete die Disziplinarstrafe. Das müsse genügen, urteilte die oberste Disziplinarkommission. Eine automatische Entlassung sei erst bei mehr als zwölf Monaten Haft vorgesehen.

Mit diesen umstrittenen Entscheidungen der Disziplinaroberkommission könnte bald Schluss sein. „Mit 31. Dezember 2013 werden diese Kommissionen endgültig aufgelöst“, kündigt Andrea Brunner, die Sprecherin von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, gegenüber dem KURIER an. „Dann gibt es professionelle Gerichtsverfahren und es entscheiden nicht mehr Beamte aus dem eigenen Ressort.“ Damit will man solche Entscheidungen in Zukunft verhindern.

Drei Richter urteilen

Statt der Disziplinaroberkommission wird ab Jänner 2014 der Bundesverwaltungsgerichtshof über Berufungen der Beamten entscheiden. „In schweren Fällen, wenn es um Entlassungen geht, werden künftig drei Richter urteilen“, erklärt Andreas Buchta-Kadanka vom Beamtenministerium.

Bei Folter oder Kinderpornografie gilt bereits seit 2012 der Amtsverlust (siehe Faksimile), nicht aber bei Verhetzung oder Amtsmissbrauch. „Nur für nicht wiedergutzumachende Delikte gibt es den automatischen Verlust des Beamtenstatus“, erklärt Buchta-Kadanka. Bei anderen Delikten sei eben noch ein Ermessensspielraum vonnöten. „Amtsmissbrauch wäre es auch, wenn ein Briefträger einen Brief absichtlich nicht austrägt, eine automatische Entlassung ist hier aber wohl noch nicht angebracht.“

Ob sich durch die neue Regelung der Instanzen tatsächlich etwas ändert, wird sich aber erst ab 2014 zeigen.

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