Karriereschutz im Skischul-Skandal

Bereits in den 90er-Jahren wurden an der Skihauptschule Neusitft Missbrauchsvorwürfe erhoben
Hoher Beamter trotz Vorwürfen wieder im Dienst. Karrieresprung verhindert Disziplinarverfahren.

Am Donnerstag wird die Expertenkommission zur Aufarbeitung von Missbrauch im Tiroler Nachwuchssport zum zweiten Mal tagen. Das Gremium war kurz vor Weihnachten vom Land eingesetzt worden, nachdem Vorwürfe von sexuellen Übergriffen an der Skihauptschule Neustift und dem Skigymnasium Stams bekannt geworden sind. "Wir werden bei der Sitzung auch einen Fahrplan für die Untersuchungen festlegen", sagt Kommissionsleiterin Andrea Wibmer-Stern.

Die Vorsteherin des Bezirksgerichts Kufstein und ihr Team werden sich auch damit befassen, ob Vorwürfe gegen einen ehemaligen Pädagogen der Skihauptschule Neustift beim Land unter den Teppich gekehrt wurden. Bereits in den 1990er-Jahren wurde der Mann mehrfach beschuldigt, Mädchen belästigt zu haben. Die Causa war an der Schule bekannt und soll auch ans Land gemeldet worden sein. Eine Aktennotiz dazu fand sich zuletzt aber nur durch Zufall.

Das führte im Dezember zur Suspendierung des inzwischen zu einem hohen Beamten im Tiroler Schulwesen aufgestiegenen Beamten. Die wurden nun aufgehoben, wie die Tiroler Tageszeitung berichtet. Das hat allerdings rein formale Gründe.

"Das ist eine Entscheidung der unabhängigen Disziplinarkommission des Unterrichtsministeriums. Die hat sich aber in keinster Weise inhaltlich zu den Vorwürfen geäußert, weil die aus einer Zeit stammen, als der Mann noch kein Bundesbediensteter war", sagt Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP). Das Land selbst könne hingegen "keinerlei Akt der Suspendierung setzen", weil der Beamte eben nicht mehr im Landesdienst ist. Er versieht vorerst Innendienst. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Postenwechsel

Es ist der letzte Schritt auf der Karriereleiter des Tirolers (es gilt die Unschuldsvermutung), der ein Disziplinarverfahren verhindert. Er stieg 2014 in einer führende Position in der Schulaufsicht auf und wechselte somit von einem Landes- auf einen Bundesdienstposten. Zuvor war der Beamte 32 Jahre an der Skihauptschule Neustift tätig – als Lehrer, Trainer und letztlich sogar als Direktor.

Dass es gegen ihn bereits in den 1990er-Jahren Vorwürfe gab, wonach er Schülerinnen unsittlich berührt haben soll, wurde erst publik, als Bildungslandesrätin Palfrader im Zuge des Skischulskandals alte Unterlagen durchforsten ließ. Eine Aktennotiz zu der Affäre fand sich in der Sport-, nicht aber in der Bildungsabteilung, was auch Palfrader verwundert.

Dabei hat die Skischule, wie berichtet, 1995 das Kinderschutzzentrum Tangram wegen der Affäre eingeschaltet. Das soll auch mit dem Land so abgesprochen gewesen sein. In einer Schulkonferenz soll Tangram laut Palfrader dann keinen weiteren Handlungsbedarf gesehen haben – so sei es jedenfalls von der damaligen Schulleitung geschildert worden. Der Beschuldigte saß damals offenbar ebenfalls in der Sitzung.

Gegenüber dem Standard haben ehemalige Pädagogen berichtet, dass damals in einem Workshop im Lehrerkollegium beschlossen worden sein soll, dass sich der Mann nicht mehr ohne weibliche Begleitung Schülerinnen nähern soll. Die Expertenkommission wird nun versuchen zu klären, warum dieser Sachverhalt nicht in den Akten der Bildungsabteilung landete oder wie er von dort verschwinden konnte.

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