"Gefahr auf Bevölkerung abgewälzt"

APA10096592-2 - 05112012 - LAVAMÜND - ÖSTERREICH: ZU APA 332 CI - Starke Regenfälle haben am Montag, 05. November 2012, für zahlreiche Überschwemmungen und kleinere Murenabgänge in Kärnten gesorgt. Im von Hochwasser starkbetroffenen Lavamünd ist Zivilschutzalarm ausgelöst worden. Im Bild eine Luftaufnahme der Überflutungen in Lavamünd. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Ermittlungen um das Jahrhundert-Hochwasser in Lavamünd sind noch immer nicht abgeschlossen.

Die Erhebungen rund um das Jahrhundert-Hochwasser in Lavamünd ziehen sich. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt (StA) wegen „Verdachts der fahrlässigen Gemeingefährdung“. Die Frage ist, ob die Katastrophe vermeidbar gewesen wäre.

Doch die Anklagebehörde kommt nicht vom Fleck: Das Lebensministerium hat durch seinen Sachverständigen den Verbund-kritischen Bericht der Kärntner Gewässeraufsicht vom Tisch gefegt. Und der Sachbearbeiter bei der StA brütet noch über dem Bericht des Landeskriminalamts. Die anfangs genannten 6,5 Millionen Euro Schaden nach dem Hochwasser vom 5. November 2012 wurden mittlerweile auf rund zehn Millionen erhöht. Wie berichtet, waren in dem Kärntner Grenzort 250 Menschen von der Katastrophe betroffen und 37 vorübergehend obdachlos gewesen. In Slowenien wird der Gesamtschaden mit 373 Millionen Euro beziffert, fast 7900 Personen wurden von der Flut in Mitleidenschaft gezogen.

Entschädigung

"Gefahr auf Bevölkerung abgewälzt"
Rechtsanwalt Franz Serajnik, Klagenfurt, vertritt Betroffene des Hochwassers von Lavamünd, vor allem in Slowenien
Rechtsanwalt Franz Serajnik aus Klagenfurt vertritt mittlerweile etwa 60 Slowenen und einige Betroffene in Lavamünd, deren Häuser damals überflutetet wurden und die vom Verbund Entschädigung begehren. Die Gemeinde Lavamünd selbst will sich mit dem Energieriesen außergerichtlich einigen.

Gleich nach der Jahrhundertflut hatten einander Land Kärnten (der Verbund hätte die Schleusen des Kraftwerks Edling zu spät geöffnet) und Verbund (die Prognosen zu den Wassermengen vom Land seien nicht korrekt gewesen) die Verantwortlichkeit zugeschoben. Der Verbund beruft sich stets auf seine Betriebs- und Überwachungsordnung. Die Landesbehörde merkte jedoch an, nicht einmal die sei ordnungsgemäß eingehalten worden. Für das Lebensministerium war diese Feststellung eine „irrige Ansicht“.

„Sollte alles tatsächlich im gesetzlichen Rahmen erfolgt sein, bleibt immer noch die Frage nach der allgemeinen Sorgfaltspflicht“, betont Anwalt Serajnik. „Ich kann auch nicht in einer Straße mit 30 km/h fahren und ein Kind niederfahren, nur weil ich die erlaubte Geschwindigkeit ohnehin eingehalten habe. Die Gefahr wird sehenden Auges auf die Bevölkerung abgewälzt“, fährt Anwalt Serajnik mit heftigen Geschützen auf.

Keine Daten

"Gefahr auf Bevölkerung abgewälzt"
APA10096564-2 - 05112012 - LAVAMÜND - ÖSTERREICH: ZU APA 332 CI - Starke Regenfälle haben am Montag, 05. November 2012, für zahlreiche Überschwemmungen und kleinere Murenabgänge in Kärnten gesorgt. Im von Hochwasser starkbetroffenen Lavamünd ist Zivilschutzalarm ausgelöst worden. Im Bild eine Luftaufnahme der Überflutungen im Raum Lavamünd. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Damals waren etwa 2500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde statt der üblichen 1600 die Drau hinab geschossen – erzeugt durch die natürliche (Starkregen, Schneeschmelze) wie auch „künstliche“ Wassermenge, die durch das Ablassen des Edlinger Stausees bei Völkermarkt entstanden war. Die Frage ist nun, ob das Ablassen verspätet stattgefunden hat.

Ein Techniker wollte die Betriebs- und Überwachungsordnung für Drau-Anlieger in Erfahrung bringen und blitzte beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) in Wien ab. Richter Johann Tessar ließ zwar den Einwand des Verbundes nicht gelten, dass solche Daten Rückschlüsse auf die Strompreisgestaltung zuließen und Betriebsgeheimnis seien. Er führte aber ins Treffen, dass durch die Veröffentlichung von Daten das Verfahren gegen den derzeit beschuldigten Verbund-Angestellten nicht mehr fair geführt werden könnte.

In einer zweiten Anfrage des Technikers, ob er vom Verbund die Pegelstandsdaten bekommen könne, hat der UVS-Richter nun einen „Vorabentscheidungsantrag“ an den Europäischen Gerichtshof gestellt, wie EU-Recht hier anzuwenden sei.

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