Anzeigen wegen SS-Symbolen in Kärnten zurückgelegt

Symbolbild
Während im Kärntner Feldbach verbotene SS-Embleme verhüllt wurden, sah die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt keinen Grund zum Handeln.

Höchst unterschiedlich haben die zuständigen Bezirkshauptmannschaften (BH) kürzlich auf Anzeigen des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) sowie von Verbänden der Widerstandskämpfer und NS-Opfer wegen des Abzeichengesetzes reagiert. Während in Feldbach verbotene SS-Embleme verhüllt wurden, sah die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt keinen Grund zum Handeln.

Dabei ging es gerade im Kärntner Bleiburg/Pliberk (Bezirk Völkermarkt) um Brisantes. Dort treffen sich alljährlich Tausende, um dem sogenannten Massaker von Bleiburg zu gedenken, darunter oft hochrangige Politiker Kroatiens. Das Treffen gilt auch als Anziehungspunkt für Anhänger der faschistischen kroatischen Ustascha und des während des Zweiten Weltkriegs von ihr geführten "Unabhängigen Staates Kroatien" (NDH), in Wahrheit ein Vasallenstaat NS-Deutschlands. Ustascha-Symbole werden in Bleiburg zur Schau gestellt und deren Lieder gesungen. Beides ist in Kroatien selbst verboten. Das Emblem der Ustascha war ein großes U mit Granate und Sahovnica. "Die Sahovnica, das Schachbrettmuster, bestimmt auch heute die Flagge Kroatiens", heißt es in den Anzeigen. Aber im Unterschied zur heute offiziellen Sahovnica, die mit einem roten Quadrat links oben beginnt, steht bei der NDH-Sahovnica ein weißes Quadrat am Beginn.

BH legt Anzeige zurück

Brisant - und nach Rechtsmeinung des DÖW und der antifaschistischen Widerstandskämpfer nach dem Abzeichengesetz verboten - ist dies deshalb, weil die Ärmelabzeichen der 13. Waffen-Gebirgsdivision SS "Handschar" ebenfalls die NDH-Sahovnica darstellten. Das Zeichen ist eben auch auf der "Kroatischen Gedenkstätte auf dem Loibacher Feld" auf dem zentralen Gedenkstein vor dem überdachten Altar angebracht. In der Anzeige wird betont, dass die Stelle frei zugänglich ist. Die 13. Waffen-Gebirgsdivision SS war 1944 auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens gegen kommunistische Partisanen eingesetzt und fiel dabei mit exzessiven Grausamkeiten auf. Darauf hingewiesen wurde außerdem, dass die Ustascha das KZ Jasenovac unweit von Zagreb betrieb, das einzige nicht von Deutschen und Österreichern geführte Vernichtungslager des Zweiten Weltkriegs. Etwa 80.000 bis 100.000 Menschen - Serben, Juden, Roma und Sinti sowie regimefeindliche Kroaten - wurden demnach dort ermordet.

Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt folgte dieser Rechtsansicht nicht. "Es wird (...) die Rechtsansicht der Oberbehörde (Kärntner Landesamt für Verfassungsschutz, Anm.) vollinhaltlich geteilt, wonach die ausschließliche Anbringung bzw zur Schaustellung (sic!) des alten historischen Wappens, beginnend mit dem weißen Feld, ohne jeglichen Konnex zu einem, nach der österreichischen Rechtsordnung, verbotenen Abzeichen (...) von der ha Behörde nicht zu verfolgen ist. Das Tragen der USTASCHA-Uniform oder Teilen von Zeichen bzw Symbolen desselben ist in ÖSTERREICH nicht verboten. Siehe § 1 Uniform-Verbotsgesetz", heißt es in der Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, die der APA vorliegt.

"Wie die Behörden in Kärnten mit den angezeigten SS-Symbolen umgehen, ist beschämend."

Demgegenüber wies das DÖW auf zwei Beispiele für Propagandaplakate hin, mit denen um Freiwillige für die kroatische SS-Division geworben wurde. Auf dem einen ist ein Landser mit Hakenkreuz- und NDH-Sahovnica-Flaggen zu sehen. Auf dem anderen finden sich zwei Landser mit dem SS-Symbol und ebenfalls einer NDH-Sahovnica.

Vom KZ-Verband Kärnten gab es heftige Kritik: "Wie die Behörden in Kärnten mit den angezeigten SS-Symbolen umgehen, ist beschämend. Die Klagenfurter Polizeidirektorin erklärt sich plötzlich für das Verwaltungsstrafrecht unzuständig und schickt die Anzeige an die Staatsanwaltschaft weiter, der Völkermarkter Bezirkshauptmann zitiert aus Wikipedia und macht das SS-Symbol zu einem harmlosen, mittelalterlichen Wappen", sagte Regina Taupe vom KZ-Verband in einer der APA vorliegenden Stellungnahme.

Rettl: "Ärmelabzeichen der 13. SS-Division"

Die Kärntner Historikerin Lisa Rettl sagte, es handle sich "eindeutig um das Ärmelabzeichen der 13. SS-Division". Die österreichische Rechtsordnung und die bisherige Judikatur gebe eine klare Linie vor. Sie könne die Begründung des Bezirkshauptmannes nicht nachvollziehen, sagte Rettl: "Der Verweis auf eine Nutzung des Symbols seit dem Mittelalter bzw. auch auf spätere Zeiten muss schon deshalb aufs schärfste zurückgewiesen werden, weil das im Umkehrschluss ja gleichzeitig bedeuten müsste, dass auch das Hakenkreuz legal wäre - auch hier gibt es eine lang zurückreichende Nutzungsgeschichte. Wenn neben einem SS-Symbol sogar noch der zeitliche Verweis 'Mai 1945' zu finden ist, dann gehört schon viel dazu, in diesem dieses Symbol lieber ein mittelalterliches Wappen erkennen zu wollen."

Ganz anders reagierte die Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark (BH) wegen Emblemen an zwei Standorten in Feldbach, bei denen es sich um Armschilde und Mützenabzeichen der 14. Waffen-SS-Division handelte, die im April 1943 im heutigen ukrainischen Lwiw (Lemberg) aufgestellt wurde und ebenfalls an Massakern beteiligt war. Die Tafeln wurden im Zuge der geplanten Totenehrung am 31. Oktober verhüllt. Danach werde nach "weiterer Abklärung von historischer Seite" eine Lösung für den weiteren Umgang mit diesen Tafeln zu fixieren sein. Die Belassung mit der Anbringung einer erklärenden Zusatztafel ist dabei ebenso denkbar wie die Abnahme der Tafeln und ihre Musealisierung. Die Organisationen, welche die Sachverhaltsdarstellungen an die BH eingebracht haben, sollen in diesen Prozess jedenfalls eingebunden werden.

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