Justizkrimi hinter Klostermauern

Die Schwestern Johanna (li.) und Maria Andreas ...
Nonnen wehren sich gegen Vorwurf, Verdächtigen „versteckt“ zu haben.

Das Wort „versteckt“ hört Schwester Johanna gar nicht gern. „Wir haben niemanden versteckt. Der Herr ist frei herumgegangen, hat sich frei bewegt. Wir haben ihm ja weder etwas erlauben noch verbieten können.“

Schwester Johanna ist Provinzoberin der Missionsschwestern vom Kostbaren Blut, eines Ordens, der seit 1935 auch im Kärntner Wernberg zu Hause ist. Das Kloster machte jüngst Schlagzeilen: Die Nonnen hätten einen flüchtigen tschechischen Großbetrüger versteckt, Zielfahnder hätten ihn im Kloster geschnappt.

Die Oberin seufzt kurz. „Seriöser Journalismus schaut anders aus. Er hat bei uns in der Herberge gewohnt. Die ist nicht einmal im Kloster. Das ist eine absolute Notaufnahme bei uns, ein Zimmer mit Dusche.“

Der Fall hat aber eine internationale Dimension. Denn es geht um den Justizkrimi rund um Josef M., einen 48-jährigen Akademiker aus Tschechien. Er spielte in einem der größten Korruptionsfälle Tschechiens als Kronzeuge eine wichtige Rolle: Im „Fall Budisov“, in den auch hochrangige Politiker verstrickt gewesen sein sollen, geht es um Betrug mit EU-Mitteln.

M. wurde aber plötzlich selbst zum Angeklagten und wegen Betruges zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt; ein Urteil, das er wegen seiner Aussagen als unrechte Revanche sieht.

Im Vorjahr sollte er die Haft antreten. Doch seine Familie und er flüchteten nach Österreich: M. und seine Söhne nach Wernberg, Frau und Tochter nach Linz. Seit Juni 2013 wurde er per internationalem Haftbefehl gesucht.

Auslieferung

„Er hat kein faires Verfahren gehabt“, beteuert jedoch der Wiener Anwalt Franz Stefan Pechmann und bekämpft die Auslieferung. Doch sowohl die erste Instanz des Landesgericht Klagenfurt als auch das Oberlandesgericht Graz sehen keinen Anlass, an der Prager Justiz zu zweifeln: M. habe die politische Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Nun beantragt Pechmann die österreichische Staatsbürgerschaft für seinen Mandaten, da sie dessen Großeltern als Sudetendeutschen bereits zugestanden sei. Aufschiebende Wirkung dürfte das keine haben.

Zurück ins Kloster Wernberg. Die Nonnen sind seit Jahrzehnten engagierte Helferinnen. „Was sollst denn machen, wenn ein Mensch in Not vor dir steht?“, erinnert sich Schwester Johanna. „Früher hat uns die Fremdenpolizei auch gebeten, Frauen und Kinder von Männern aufzunehmen, die sie in Schubhaft genommen haben.“

Sprachunterricht

Als noch kaum eine andere Institution Sprachunterricht für Migranten anbot, organisierte Schwester Maria Andreas Deutschkurse für tschetschenische Frauen. „Es geht nicht nur um Integration, sondern, dass wir lernen, auf Augenhöhe miteinander zu leben“, fordert die Missionsschwester. Die offene Haltung der Nonnen machen auch Ausstellungen im Kloster deutlich: Über Mystik in Islam und Christentum gab es schon Veranstaltungen, zuletzt war die Schau „Gott hat den Fremdling lieb“ zu Gast. Ausbildungen zu geprüften Integrationsbegleitern fanden hier ebenfalls schon statt.

In der Gemeinde gibt es auch ein Asylwerberheim. Die Nonnen laden Migranten öfters zu kleinen Zusammentreffen zu sich ins Kloster ein. „Damit sie auch einmal was anderes sehen. Arbeiten dürfen sie ja nicht.“ Aber einquartieren könne man Menschen nur im Notfall, wiederholt Oberin Johanna. Schwester Maria Andreas erinnert sich an andere Zeiten. „Früher haben wir öfter Leute versteckt, aber heute wird man gestraft dafür.“

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