In den Gemeinden wird wieder "geblitzt"

In den Gemeinden wird wieder "geblitzt"
Neuer Anlauf nach mehrjähriger Pause. Im Fokus ist die Verkehrssicherheit - aber auch die Einnahmen sind willkommen.

Radarboxen werden Temposünder in vielen Ortsgebieten schon bald wieder "blitzen". Die in Hunderten der 2102 heimischen Gemeinden aufgestellten Messgeräte sorgten bis 2008 für Proteste. Schließlich untersagte der Bund den Kommunen – wegen Missachtung des Datenschutzes – die Messungen.

Doch die Tempo-Überwachung in Ortsgebieten steht vor einem Comeback. Die Gründe liegen darin, dass Gemeinden die Raserei bekämpfen wollen, und zweckgebundene Einnahmen für geplante Verkehrssicherheitsmaßnahmen lukrieren müssen. In Nieder- und Oberösterreich laufen bereits Pilotprojekte.

Helmut Mödlhammer, Präsident des Gemeindebunds fordert rasche Entscheidungen: "Wir wollen das Recht zurück, auf unseren Straßen kontrollieren zu dürfen." In der Wiener Umland-Gemeinde Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling) sind die Radarboxen bereits wieder scharf. Die Einnahmen sollen dem Straßenerhalter (80%) und der Exekutive (20%) zufallen.

Neue Strategie

Um die Kritik des Datenmissbrauchs zu entkräften, entwickelte der Gemeindebund eine neue Strategie. Sprecher Daniel Kosak erklärt: "Die Kommune kauft das Gerät. Mit der Polizei werden die Punkte definiert, wo es aufgestellt werden darf. Damit ist auch jeder Verdacht der Willkür ausgeräumt. Ist das Radar in Betrieb, wird es von Beamten ausgelesen; die Daten kommen zur BH. Dort wird die Strafe festgesetzt und dem Lenker zugestellt."

Oberösterreich ist schon einen Schritt weiter: Laut Landesregierung erarbeitet die Exekutive einen Kataster, in welchen Gemeinden und vor allem an welchen Punkten die Radargeräte aufgestellt werden sollen. OÖ-Landesvize Reinhold Entholzer geht ins Detail: "Die Polizei entscheidet nach der Verkehrssicherheit. Ihr obliegt die Schirmherrschaft." Schon in den kommenden Monaten, so Entholzer, könnten in OÖ die ersten Gemeinden Testläufe durchführen.

Unterstützung kommt von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: "Das Höchstgericht brachte die Orts-Messungen zu Fall, weil die Überwachung durch Privatfirmen erfolgt ist. Um den Gemeinden zu helfen, würden wir das übernehmen." Es ist zu erwarten, dass Radarboxen in absehbarer Zeit in vielen Ortschaften wieder aufgestellt werden.

Kein Wildwuchs

Neben NÖ und OÖ will auch Tirol auf gemeindeeigene Radargeräte zurückgreifen. Generalmajor Martin Germ aus dem Innenministerium appelliert aber an die Bürgermeister: "Bevor die Exekutive Standorte bewilligt, werden alle Rechtsgrundlagen nach der StVO geprüft. Einen Wildwuchs wird es nicht geben, es muss eine ausgewogene Geschichte sein."

Den Vorwurf der Abzocke will Mikl-Leitner nicht gelten lassen: "Uns interessiert nur die Verkehrssicherheit. Daher sollen diese lokalen Konzepte auch Landes- und Bundesstraßen umfassen."

Tatsächlich sind die staatlichen Einnahmen (Steuern, Abgaben, Strafen) durch Autofahrer schon seit einigen Jahren nicht mehr zweckgebunden. Sie fließen seit 2007 großteils in den Finanzausgleich. ÖAMTC-Sprecher Bernhard Wiesinger kritisiert diese Praxis: "Der Straßenverkehr zahlt jährlich 12,8 Milliarden in das Budget ein. Davon werden nur noch vier Milliarden für den Bau und Erhalt von Straßen ausgegeben. Die Einnahmen werden konkret für ganz andere Zwecke verwendet."

Seit November 2014 darf zumindest in Perchtoldsdorf, NÖ, auf Gemeindestraßen wieder geblitzt werden. Im Rahmen eines einjährigen Pilotprojekts soll hier ein neues Konzept zu Radarüberwachung erprobt werden. Die Gemeinde stellt das Gerät zur Verfügung, die Polizei wertet die Daten aus. 80 Prozent der Strafgelder erhält die Gemeinde, 20 Prozent der Bund.

„Es läuft gut“, berichtet Perchtoldsdorfs Bürgermeister Martin Schuster (ÖVP). „Wir rechnen mit rund 1000 Anzeigen in dem Jahr und Einnahmen zwischen 35.000 und 40.000 Euro.“ Fünf Radar-Boxen werden alternierend mit dem Messgerät bestückt.

Im Vordergrund steht die Sicherheit: Bevor eine Box bewilligt wird, soll es ein Verkehrskonzept geben. So sieht es auch Schuster. „Finanziell ist es heuer ein Nullsummenspiel“, sagt er. 40.000 Euro habe die Gemeinde nämlich für die Digitalisierung des Geräts sowie für das laufende Service budgetiert. Im nächsten Jahr würde allerdings ein Teil der Kosten wegfallen. Dennoch: Früher nahm Perchtoldsdorf mit Radar-Strafen bis zu 700.000 Euro ein.

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