Bauern erhalten jetzt finanzielle Unterstützung

APA13820184 - 23072013 - ST. ANDRE WÖRDERN - ÖSTERREICH: ZU APA 0081 WI - THEMENBILD - Illustration zum Thema Ernte / Getreide / Hitze: Ein Traktor eggt das Stoppelfeld des abgemähten Getreides, aufgenommen am 03. August 2011, auf einem Acker in St. Andre Wördern, Niederösterreich (Archivbild). Die Trockenheit der vergangenen Wochen hat vor allem in Süd-Österreich bereits zu Ernteschäden geführt. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
So trocken war es seit 2000 nicht mehr, im Westen wird Almvieh wegen Wassermangels ins Tal geholt. Landwirtschaftsminister Berlakovich schnürt ein Hilfspaket.

Die Lage ist ernst. Die anhaltende Dürre bringt Bauern in ganz Österreich zur Verzweiflung. Im Westen vertrocknen die Almwiesen. Im Osten gibt es schon jetzt massive Ernteeinbußen bei Mais, Rüben, Erdäpfel und Soja. „Und die Hitzeschäden breiten sich täglich von Süd-Osten Richtung Nord-Westen aus“, sagt Günther Rohrer, Pflanzenbau-Experte der Landwirtschaftskammer. Nun reagiert auch das Landwirschaftsminsiterium: Minister Nikolaus Berlakovich schnürt ein „Hilfspaket“ mit vier Punkten „für dürregeschädigte Bauern“, hieß es am Donnerstag. „Die Voraussetzungen für die heurige Ernte sind wegen der Hitzeperiode sehr schwierig. Für viele Bauern ist die Ernte in Gefahr. Sie brauchen jetzt rasch Hilfe“, so Berlakovich. Zu diesem Zweck soll der Katastrophenfonds angezapft werden. Auch die Länder sollen mitzahlen. Die Summen sind derweil allerdings noch unklar. Trotze der Dürre ist die heurige Sommer-Getreideernte höher als im Vorjahr.

Es gibt kaum eine Region, die nicht betroffen ist. Die ersten Bauern silieren bereits den Mais. „Dabei ist der noch lange nicht hoch genug. Und die Kolben sind noch sehr klein“, erklärt Rohrer. „Zuletzt war es im Jahr 2000 ähnlich schlimm.“ Kurt Weinberger, Generaldirektor der Hagelversicherung, spricht sogar von einer „Jahrhundert-Situation“.

Düstere Prognosen

Bauern erhalten jetzt finanzielle Unterstützung
Bürgermeister Otto Auer, Höflein, Bezirksobmann Bauernbund
„Der Mais ist massiv geschädigt, bei Erdäpfeln ist ein Ernteausfall von 30 Prozent realistisch“, sagt Ferdinand Lembacher von der nö. Landwirtschaftskammer. Besonders problematisch könnte es für Bauern werden, die große Flächen Grünland und Futtermais für ihre Tiere beackern. „Beim Mais ist teilweise mit Totalausfällen zu rechnen, auch der dritte Schnitt des Grünfutters droht auszufallen“, sagt Lembacher. Im schlimmsten Fall müssen die Bauern ihren Tierbestand abstocken, zumindest aber Futter teuer zukaufen. Im nö. Bezirk Bruck/Leitha bleibt die Hoffnung auf Regen: „Wenn in den nächsten 14 Tagen ausreichend Regen fällt, dann machen die Pflanzen noch vieles gut“, hofft Bauernbund-Obmann Otto Auer.

Die Prognosen sind düster. „Im Marchfeld und im Norden wird es auch in der kommenden Woche kaum Niederschlag geben“, sagt ein Meteorologe der Ubimet.

Genug Getreide

Trotz der Dürre gibt es auch eine gute Nachricht: Die Sommer-Getreideernte, die teils noch läuft, teils schon abgeschlossen ist, wird sich nach derzeitiger Schätzung auf rund drei Millionen Tonnen in Österreich belaufen - ein Plus von mehr als einem Fünftel gegenüber dem Vorjahr. „Die Trockenheit zuletzt hat sich da nicht mehr wirklich ausgewirkt, die Erträge bei Getreide reduzieren sich durch den fehlenden Regen nur minimal um wenige 100 Kilo pro Hektar“, erklärt der Getreide-Experte der Raiffeisen Ware Austria, Ernst Gauhs.

Viehnotverkäufe

Im Westen hingegen dürfen die Landwirte auf Regen hoffen. In vielen Regionen Salzburgs ist das Futter schon so knapp, dass etlichen Bauern Viehnotverkäufe drohen. Insgesamt sind derzeit rund 15.000 Hektar Futterfläche durch die intensive Sonneneinstrahlung geschädigt worden. Besonders betroffen sind ausgerechnet jene Pinzgauer Gemeinden, die schon von den Juni-Überschwemmungen arg gebeutelt wurden, wie Unken und Lofer.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass es schon einmal so lange so heiß und ohne Niederschlag war“, sagt Hubert Lohfeyer von der Bezirksbauernkammer. Die braunen Flecken auf den Almen werden von Tag zu Tag größer. In Unken müssen Wassertanks auf niedrig gelegene Almen fahren, um die Tiere zu versorgen. „Die Quellen sind fast alle versiegt“, berichtet Lohfeyer. Etliche Hochalmen können nicht mehr bewirtschaftet werden; das Vieh wird abgetrieben.

Bauern erhalten jetzt finanzielle Unterstützung
Österreichkarte mit Niederschlagsmengen im Juli 2013 im Vergleich zum langjährigen Mittel Grafik 0933-13-Wetter.ai, Format 88 x 64 mm
„Das Wasser ist schon sehr knapp, die Quelle rinnt dünn wie eine Stricknadel“, sagt Almbauer Nikolaus Vitzthum, 78, von der Hornwiesalm auf 1400 Meter. „Wir müssen unsere Wasservorräte drosseln“, berichtet auch Katharina Filzer von der Schmidt-Zabierow-Hütte in den Loferer Steinbergen. Für Tagesgäste gibt es gar kein Leitungswasser mehr; für Gäste, die nächtigen, drehe man den Wasserhahn nur morgens und abends für eine Katzenwäsche auf. Am Wochenende brachte der Hubschrauber 12.000 Liter Trinkwasser aus dem Tal.

Auch die Bienen leiden. Und mit ihnen die Imker. „Im Bienenstock ist es so heiß, dass das Wachs gerinnt“, sagt der Imker Simon Tötschinger aus dem Burgenland. Deshalb müssten viele Bienen im Stock bleiben und durch vermehrten Flügelschlag versuchen, die heiße Luft aus der Nisthöhle zu schaffen. Tötschinger stellt zusätzliche Wasserquellen auf, damit die Tiere nicht verdursten.

Der erste Punkt des von Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich angekündigten „Hilfspakets“ ist eine Ankaufaktion für Futtermittel. Weiters sollen die Raten bei Agrarinvestitionskrediten ausgesetzt, zusätzliche Flächen für die Futtermittelproduktion gesichert und zusätzliche Betriebsmittelkredite gewährt werden, so der Minister.

Agrarinvestitionskredite werden in erster Linie von den Ländern vergeben, die Zusatzflächen für die Futtermittelproduktion beziehen sich auf eigentlich EU-rechtlich geschützte Blühstreifen und Biodiversitätsflächen. So soll die Heuproduktion gesteigert werden. „Ansonsten müssten die Landwirte Heu aus dem Ausland teuer importieren“, erinnert der Minister.

Durch die Futtermittelaktion sollen Futtermittel für die Tiere für die Bauern leistbar bleiben. „Für die betroffenen und geschädigten Bauern soll es einen Zuschuss (Beihilfe) aus Bundes- und Landesmitteln für den Zukauf von Heu, Silage, Stroh, Pellets oder Trocken- und Pressschnitte geben - gedeckt durch den Katastrophenfonds.“
Da wegen der Trockenheit „massive Einkommensverluste durch vernichtete Ernten zu erwarten“ seien, könnten viele Bauern ihre Agrarinvestitionskredite nicht bedienen. „Für die Bauern werden die Kreditraten erst im kommenden Jahr fällig“, sagte Berlakovich.

Die zusätzlichen Betriebsmittelkredite sollen fließen, wenn es zu finanziellen Engpässen der Bauern kommt, auch wenn sie Entschädigungen durch eine Dürreversicherung von der Hagelversicherung erhalten. „Damit sollen landwirtschaftliche Betriebsmittel wie Düngemittel, Saatgut oder Pflanzenschutzmittel angekauft werden können“, sagt Berlakovich. „Finanzielle Engpässe für in Not geratene Betriebe sollen so überbrückt werden. Einen Teil finanziert das Lebensministerium, den Rest sollen die Länder übernehmen.“ Die Maßnahme solle „für alle Betriebe“ gelten.

„Wenn nicht bald etwas passiert, ist alles zu spät.“ Biobauer Franz Gasper aus dem südburgenländischen Heiligenbrunn muss seit Tagen um seine Rinder bangen, rund 100 von 170 Tieren droht wegen akutem Mangel an Grünfutter die Notschlachtung.

„Wir verfüttern bereits Heu und Stroh, das für den Winter bestimmt gewesen wäre. Das Futter reicht noch maximal fünf Wochen aus“, schildert der 47-Jährige. „Jetzt kann uns nur mehr die Landesregierung in Eisenstadt helfen.“ Im Lebensmittelinspektorat werde darüber entschieden, ob Gasper statt biologischem auch konventionelles Futter verfüttern darf und „ob wir alle weiterleben oder nicht“. Aus der Nachbarschaft könne er einige Hektar Mais zukaufen, aber erst nach der Genehmigung. Getreide müsse sechs Wochen liegen, um zu gären. „Und wer zahlt mir die Anlieferung“, fragt sich der Landwirt, der seinen Bio-Hof seit 21 Jahren führt.

„Wir kennen den Ernst der Lage im Südburgenland“, sagt Stefan Kast vom Büro von Agrar-Landesrat Andreas Liegenfeld. Die behördliche Zuständigkeit liege aber im Büro von Gesundheitslandesrat Peter Rezar. Dort warte man auf die Anträge der betroffenen Bauern. Diese seien für die Genehmigung nötig, aber reine Formsache.

Lokalaugenschein

Franz Gasper hofft indes auf Landesrat Liegenfeld, er habe seinen Besuch angekündigt, um sich selbst ein Bild von der Lage der Bauern zu machen. „Es geht ja nicht nur mir schlecht, alle Landwirte leiden.“

Sollte es auf seinem Hof zu Notschlachtungen kommen, „müssen sie uns jemanden schicken, der die Tiere aussucht. Ich werde nicht entscheiden, welches leben darf und welches sterben muss“, sagt Gasper.

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