Hungerstreik nach Angriff auf Flüchtlingsheim

Eine Gruppe von Flüchtlingen will weg vom Bürglkopf. Dort wurde nach dem Angriff eine Softgun gefunden.
Die Bewohner des Flüchtlingsheim Bürglkopf haben Angst und wollen weg aus dem isolierten Gebäude.

Der Schnee, den „Gonzalo“ vergangene Woche gebracht hat, ist rund um das Flüchtlingsheim Bürglkopf in Tirol liegen geblieben. Die Unterkunft des Innenministeriums steht abgeschieden am Berg, acht Kilometer von Fieberbrunn (Bezirk Kitzbühel)entfernt. In der Kälte hat sich am Donnerstag eine Gruppe von elf aufgebrachten Flüchtlingen versammelt: „Wir werden nicht mehr essen, trinken und schlafen, bis wir verlegt werden“, sagt Jusef A., übersetzt von einem Landsmann, der Deutsch spricht.

Der Iraker ist einer jener Augenzeugen, die miterlebt haben, was sich in der Nacht auf Mittwoch hier abgespielt hat. Wie berichtet, soll das Heim, das derzeit rund 120 Menschen beherbergt, von vermutlich fünf Jugendlichen attackiert worden sein. „Sie haben Feuerwerkskörper auf das Haus geworfen und mit einem Gewehr in die Luft geschossen“, erzählt Jusef A. „Ich habe gedacht, sie wollen uns umbringen.“ Die Polizei fand nach dem Anschlag eine Softgun im Schnee.

Hassparolen

Die Unbekannten hätten „Ausländer raus“ und andere fremdenfeindliche Parolen gerufen, berichtet Übersetzer Jako R. Die meisten der Männer kommen aus dem Irak oder Syrien und sind vor dem Islamischen Staat (IS) geflohen. „Ich habe in Mossul gelebt. Die Terroristen haben mir mein Haus und mein Geschäft genommen. Ich habe niemandem etwas getan und will nicht bedroht werden“, sagt Jusef.

Hungerstreik nach Angriff auf Flüchtlingsheim
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Den Flüchtlingen machtaber nicht nur die Bedrohung zu schaffen, sondern auch ihre Isolation auf dem Berg. Auch deshalb wollen sie hier weg. „Das ist wie ein Gefängnis“, hört man immer wieder. Nicht einmal mit ihrem Handy können die Asylwerber Kontakt zur Außenwelt und ihren Familien halten, die vielfach noch im Kriegsgebiet ausharren. Es gibt praktisch kein Netz. Empfang haben die Flüchtlinge nur einige hundert Meter unterhalb des Heims. Mehrere Männer stehen auf der Forststraße in der Kehre „Bellevue“, wo ein Blick aufs Tal möglich ist. Und versuchen mit ihren Angehörigen zu sprechen.

Es ist diese frustrierende Abgeschiedenheit, die Tirols Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) das Flüchtlingsheim Bürglkopf im Sommer schließen ließ. Der Bund hat die Unterkunft jedoch übernommen, um das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (NÖ) zu entlasten.

„Feiger Angriff“

Baur sprach gestern gegenüber dem KURIER von einem „feigen Angriff, weit abgeschieden im Wald“. Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) verurteilte die Tat aufs Schärfste: „Es ist absolut verwerflich, Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen, die gerade Krieg und Verfolgung in ihrer Heimat entkommen sind.“

Der Verfassungsschutz ermittelt indes gegen die Angreifer. Am Donnerstag wurden die Bewohner des Heims, das gestern Nacht unter Polizeischutz stand, erneut befragt. „Wir werden die Sicherheitslage von Tag zu Tag neu bewerten“, erklärte ein Polizeisprecher. Heute sollen die Ergebnisse der Untersuchung auf mögliche Spuren an den sichergestellten Feuerwerkskörpern und der Softgun vorliegen.

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