Hunderte Millionen Euro Schaden durch Winterchaos

Hunderte Hektar Anbaufläche wurden zerstört
Landwirtschaftskammer fordert Bundesheer an. In Klagenfurter Parks herrscht Lebensgefahr.

80 Prozent der Apfelernte, ein Viertel der Weinreben, und sämtliche Hopfenkulturen zerstört: Nach zwei Frostnächten und Schneefall wuchs der Schaden in der steirischen Landwirtschaft auf 125 Millionen Euro.

Im Burgenland ist die Lage nicht weniger schlimm: 70 Prozent der Obstkulturen und 45 Prozent der Weinanbaufläche wurden in Mitleidenschaft gezogen. Allein die Winzer dürften Schäden von 100 bis 150 Millionen Euro erlitten haben. "Das ist dramatisch", sagt Weinbaupräsident Andreas Liegenfeld: "Solche Ereignisse hat es in dieser Form noch nie gegeben."

Ganz ähnlich fallen die Reaktionen der steirischen Landespolitik aus. Diese Schadenssummen könnten die Bauern alleine nicht mehr stemmen, hieß es: ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und sein SPÖ-Vize Michael Schickhofer forderten nach einem Lokalaugenschein rasche Mittel aus dem Katastrophenfonds des Bundes. Aus dem Finanzministerium gibt es laut Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) schon eine Zusage. "Die extreme Wettersituation hat in einen Regionen zu existenzbedrohenden Schäden geführt", bedauerte Rupprechter.

Assistenzeinsatz

Geld allein dürfte nicht reichen: Der steirische Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher pocht sogar darauf, das Bundesheer für Aufräumarbeiten anzufordern. "Wir brauchen dringend Hilfe, damit die Bauern ihre Höfe nicht aufgeben", appeliert Titschenbacher an den Bund. Die Schäden auf Hunderten Hektar Fläche müssten so schnell wie möglich beseitigt werden, um die Wetterfolgen nicht noch zu verschlimmern.

War es in der Nacht auf Mittwoch der Frost, kam in der Nacht auf Donnerstag noch der Schnee dazu. Um ihre Pflanzen zu schützen, spannten viele Landwirte Hagelnetze. "Darunter ist es um ein, zwei Grad wärmer", begründet Obstbauer Andreas Proß. Doch mit dem Schnee habe niemand gerechnet: Die Netzte knickten unter der Schneelast die Bäume. Apfelbäume auf Hunderten Hektar Anbaufläche wurden zerstört.

Der massive Schneefall war tatsächlich außergewöhnlich: "Nur alle 30 bis 50 Jahre ist im Süden Österreichs Ende April mit derartigen Schneemengen zu rechnen", bestätigt Josef Lukas vom Wetterdienst Ubimet. 15 Zentimeter Neuschnee Ende April in Klagenfurt gab es zuletzt 1988.

25 Kilometer Stau

Das hatte auch im Verkehr gravierende Folgen: Vor dem gesperrten Karawankentunnel mussten Autofahrer am Mittwoch im Stau ausharren bis zu 13 Stunden lang. Nachdem sich ein Lkw quergestellt hatte und nicht einmal mehr Räumfahrzeuge durchkamen, reichte der Stau bis nach Villach-West zurück. Bis drei Uhr früh versorgte das Rote Kreuz frierende Autolenker mit Tee.

Weite Teile Kärntens waren auch Donnerstagnachmittag noch betroffen: 6000 Haushalte hatten keinen Strom, der Zugverkehr zwischen St. Veit und Villach sowie Weizelsdorf und Klagenfurt stand still. In Klagenfurt wurden Radwege und Parks gesperrt – es herrscht Lebensgefahr. Der Landesschulrat entschloss sich zu einer ungewöhnlichen Maßnahme: Hielten Eltern den Schulweg für zu gefährlich, galten Kinder als vom Unterricht entschuldigt.

Der Wintereinbruch forderte auch ein Todesopfer: Mittwochabend starb ein 49-jähriger Pkw-Lenker. Sein Wagen wurde auf der Umfahrung Bad St. Leonard, Bezirk Wolfsberg, von einem Geflügeltransporter gerammt, der auf glatter Fahrbahn ins Schleudern gekommen war.

Laut Meteorologen sollte der Wintereinbruch bald vorbei sein: Bis Dienstag werden Höchstwerte von zwölf bis zwanzig Grad erwartet. Einige Veranstaltungen wurden vorsorglich verschoben: Die Eröffnung des Strandbads Klagenfurt am Samstag wurde abgesagt. Der Saisonstart der Großglockner Hochalpenstraße wurde auf Dienstag verschoben.

Kommentare