Hobbysportler: Doping für das Volk

Um schneller zu sein, greifen Hobbyläufer zu leistungssteigernden Mitteln.
Bundeskriminalamt hob fünf Labore aus und stellte eine Tonne an Substanzen sicher.

Das Geld wird im Labor verdient: Dort werden Doping-Präparate im großen Stil hergestellt. Auch in Österreich. Im vergangenen Jahr hoben die Ermittler des Bundeskriminalamts fünf Geheimlabore aus. "Die Gewinnspanne beim Doping ist höher als beim Suchtgift", sagt Chefermittler Franz Schwarzenbacher. Und das Geschäft läuft. Allein 2016 wurde eine Tonne an Doping-Substanzen sichergestellt – so viel wie nie zuvor.

Versand per Post

Im vergangenen Juni wurde das bislang größte Doping-Labor des Landes ausgehoben: In einem Haus bei Klagenfurt war ein professionelles Labor eingerichtet, in dem Anabolika produziert wurden. Bei der Hausdurchsuchung fanden die Fahnder professionelles Equipment und stapelweise versandfertig verpackte Ampullen. Bei den vier weiteren Produktionsstätten halten sich die Ermittler bislang mit Details zurück.

Hobbysportler: Doping für das Volk
Doping, Labore, Bundeskriminalamt
Die Fälle sind noch nicht abgeschlossen. "Aber es geht um sämtliche Varianten von Doping. Tabletten, Ampullen, Kapseln, die für Endkunden und Zwischenhändler bestimmt waren", erklärt ein Ermittler. Die Geschäfte wurden über das Darknet (unkontrollierter Teil des Internets) abgewickelt, verschickt wurde die Ware mit der Post. Die Produzenten sind auffallend oft HTL-Absolventen oder Menschen mit Chemie-Studium.

Doch auch aus dem Ausland kommt jede Menge Stoff. Die Präparate stammen oft aus Fernost oder Pakistan. Auch in Osteuropa wird fleißig produziert.

Aus dem Hinterzimmer

Ins Visier der Ermittler geraten aber auch immer öfter Geschäfte für Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel. Bei einer Schwerpunktaktion im vergangenen Herbst wurden mehrere derartige Shops einer Kette, vor allem in Wien, überprüft. Fündig wurde Schwarzenbacher und sein Team in jedem einzelnen der getesteten Shops. "In den Hinterkammerln hatten alle Produkte mit verbotenen Wirkstoffen lagernd." Die Präparate wurden allesamt im Forschungszentrum Seibers- dorf untersucht. Ergebnis: Von 150 getesteten Präparaten fanden sich in jedem Zweiten nicht deklarierte Doping-Wirkstoffe.

Der Profisport spielt hier keine Rolle. Dafür wollen immer mehr Hobbysportler nachhelfen und greifen zu leistungssteigernden Tabletten oder Spritzen. "Im Breitensport geht es ja nicht ums Geld. Da geht es nur ums Ego, um vielleicht schneller im Ziel zu sein als der beste Freund", sagt Schwarzenbacher.

Hobbysportler: Doping für das Volk
Chefinspektor Franz Schwarzenbacher vom Referat für Doping und Arzneimittel sichergestellte Substanzen
Bei einer Befragung unter den Teilnehmern des Boston-Marathons gaben 60 Prozent an, gedopt zu haben. Entsprechende Befragungen oder Studien aus Österreich gibt es laut NADA (nationale Anti-Doping-Agentur, Anm.) nicht. "Speziell der Konsum von Wachstumshormonen boomt gewaltig", berichtet der BK-Ermittler.

Die Sportart ist beim Doping nicht ausschlaggebend. Laufen, Radfahren, Triathlon, Leichtathletik, Langlauf oder Kraftsport: Gedopt wird überall. "Die Sportler glauben, was ihnen ihr Händler sagt. Aber Apothekerware gibt es nicht. Da steht irgendwas drauf." Zum Teil handelt es sich um komplett andere Substanzen, vermischt mit Wasser oder Öl." Geld spielt keine Rolle. Eine Testosteron-Ampulle kostet 40 Euro, eine ganze Kur rund 600 Euro.

KURIER: Es wird so viel gedopt wie noch nie. Bekommst du das auch in deinem Fitnesscenter mit?

Ja klar. Es ist momentan so ein Hype. Es beginnt immer kurz vor dem Sommer, da will jeder Mann gut ausschauen. Das Problem ist nur: Wenn du auf natural (ohne Steroide, etc.) trainierst, wirst du nie die Ziele erreichen wie auf Stoff. Mit Wachstumshormonen, Steroiden, Testo, ein bisschen Insulin schaust du innerhalb von sechs Monaten aus wie Phil Heath (Mister Olympia, Anm.)

Wird in der Umkleidekabine gespritzt?

Im Sichtbereich des Fitnesscenters ist das verboten. Manche machen es im Auto kurz vorm Gym oder in der Wohnung. Aber ich habe hier auch schon Spritzen gefunden.

Wo kauft man das? Gleich hier? Im Netz?

Im Netz kriegst du irgendwas. Ich habe Freunde, die Fitnessgeschäfte haben. Da muss ich nur zu ihnen hingehen. Das kriegst du unter der Hand, das haben sie unter der Theke.

Du meinst diese Geschäfte, wo du Eiweiß und Proteine in Kilomengen kaufen kannst?

Ja. Wenn du die Leute dort gut kennst ... mir ist es schon angeboten worden. Testo um 40 Euro die Ampulle. Aber ich habe abgelehnt. Ich beschäftige mich sehr mit dem Thema und wenn ich dann über die Nebenwirkungen lese ... das ist mir zu hart.

Das geht auch ganz schön ins Geld.

Es geht nicht ums Geld. Wenn du gut ausschauen willst, ist das nebensächlich. Man sollte sich eher Gedanken machen um die Gesundheit. Ich trainiere auf natural. Aber ich müsste lügen, wenn ich sage, dass ich nicht auch schon überlegt habe, was zu nehmen.

Hast du im Gym schon Angebote bekommen?

Nein. Aber die Leute glauben, dass ich spritze. Dabei kämpfe ich einfach härter als die meisten anderen. Wenn ich auf Hardcore Beine trainiere, habe ich eine Woche Schmerzen. Würde ich Testo nehmen, wäre ich nach zwei Tagen wieder voll da.

Erkenne ich als Laie, ob jemand nachhilft?

Ja sicher. Du musst nur auf die Adern achten. Wenn einer auf natural trainiert, verlaufen die Adern geradlinig. Beim Testo ist es so wie bei einem EKG, da gehen die Adern zickzack-förmig. Das beginnt an den Beinen, an den Schultern, an den Armen. Auf der Brust sieht man’s extrem. Und du bekommst Akne am Rücken und auf der Brust.

Wer nimmt das?

Vor allem sind es viele Junge um die 20 Jahre. Die wissen nicht, was sie tun, hauen sich das Zeug rein und glauben, sie sind wer. Hier sind viele gedopt. Ich schätze sicher 80 Prozent. Auch viele Frauen. Aber das gibt es in jedem Fitnesscenter.

Kommentare