Heurige kassieren fürs Glaserl Wasser

Heurige kassieren fürs Glaserl Wasser
Nach den Kaffee- und Wirtshäusern fangen jetzt auch die Buschenschanken mit dem Inkasso an.

"Manche Gäste sitzen bei einem Achterl Wein und trinken drei, vier Gläser Leitungswasser. Der Mineralwasserumsatz bricht weg. Darauf mussten wir reagieren", sagt Leopold Kerbl, Obmann des Bezirksweinbauverbands Klosterneuburg. Kerbl führt selbst einen Heurigen im Zentrum der Stadt, Tochter Barbara und Sohn Leopold betreiben den neu eröffneten Betrieb am Weinberg. Seit Kurzem ist neben Grünem Veltliner, Spritzer und Traubensaft auch Leitungswasser in der Getränkekarte aufgelistet. Preis: 40 Cent pro Viertel.

Eine Maßnahme, die für den Obmann längst fällig war. "Vor fünf, sechs Jahren war das noch kein Thema, aber immer mehr Leute trinken statt Soda- oder Mineral- jetzt Leitungswasser. Die 40 Cent decken gerade einmal die Kosten", meint Kerbl.

Etwa 35 Heurigenbetriebe gibt es in Klosterneuburg, die meisten würden laut dem Obmann das Glas Leitungswasser mittlerweile verrechnen. "Andere Heurigenwirte schlagen das gleich auf den Wein auf. Das finde ich nicht fair gegenüber Gästen, die kein Leitungswasser trinken. Warum soll dann jemand mehr fürs Achterl zahlen?", sagt Leopold Kerbl. Beschwerden von Gästen würde es geben, jedoch seien diese die Ausnahme. 80 bis 90 Prozent der Besucher würden es verstehen.

Rückendeckung kommt vom Österreichischen Weinbaupräsidenten Johannes Schmuckenschlager. "Heurige haben im Gegensatz zu anderen Gastronomiebetrieben ein billiges Angebot. Die Speisen sind relativ günstig. Immer mehr Gäste trinken Leitungswasser. Dass da einige Betriebe etwas dafür verlangen, kann ich nachvollziehen."

In Gumpoldskirchen habe es dies auch schon einmal gegeben. "Der Gegenwind der Gäste war damals zu stark, sodass man es wieder sein lassen hat. Man wird sehen, wie sich das hier entwickelt", meint Schmuckenschlager. Der Weinbaupräsident hat selbst einen Heurigen in Klosterneuburg. "Derzeit ist das für uns kein Thema, aber ich möchte es nicht ausschließen."

NÖ-Alleingang

Während das Abkassieren für Leitungswasser beim Heurigen in Niederösterreich kein Tabu ist, kommt aus den Nachbarbundesländern eine klare Absage: "In Wien gibt es diese Diskussion nicht. Die Wiener Heurigen machen diesen Vorstoß sicher nicht von sich aus", sagt Elmar Feigl, Referatsleiter für Wein- und Obstbau der Landwirtschaftskammer Wien. Außerdem würde es von den Gästen nicht akzeptiert werden.

Auch im Burgenland ist eine Verrechnung von Leitungswasser kein Thema. "Von der wirtschaftlichen Seite verstehe ich es, denn auch Leitungswasser verursacht Kosten. Die Kellner müssen mit jedem Glas an den Tisch gehen und die Gläser müssen abgewaschen werden", sagt Friederike Schmitl, Beraterin für Buschenschänke in der Landwirtschaftskammer. In ihren 20 Berufsjahren sei aber noch nie eine Diskussion darüber aufgekommen. "Ich sage den Unternehmern, dass sie stilles Mineral anbieten sollen. Natürlich gibt es Gäste, die trotzdem nur Leitungswasser trinken."

In der Steiermark habe es laut Werner Luttenberger, Abteilungsleiter Weinbau von der Landwirtschaftskammer Steiermark, den Versuch schon einmal gegeben. Nach Protesten der Gäste sei man wieder davon abgegangen. Seither wird das Glas Leitungswasser wieder gratis serviert. "Derzeit steht dies nicht zur Diskussion."

Somit scheint Niederösterreich das gallische Dorf unter den Heurigenbetrieben in Österreich zu sein. Wie lange, wird sich zeigen.

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