HCB-Skandal: Landwirte haben das Warten satt

HCB, Hexachlorbenzol, Görtschitztal. Landwirt Hans Erlacher aus Raffelsdorf
KURIER-Lokalaugenschein bei einem Bauern, der auf seinen Bluttest besteht.

Geduld! Mit der Zeit wird aus Gras Milch", lautet ein Sprichwort aus der Landwirtschaft. Und Geduld müssen die Menschen im Görtschitztal tatsächlich aufbringen. Immerhin warten die Bauern auf Antworten, auf Testergebnisse, auf den Abtransport ihrer mit Hexachlorbenzol kontaminierten Futtermittel, auf Blutuntersuchungen. Der KURIER hat Hans Erlacher in Raffelsdorf im Görtschitztal besucht – einen von vielen betroffenen Landwirten, die das Warten längst satthaben.

Die Möglichkeit, Bluttests durchführen zu lassen, war ursprünglich bereits für die Woche von 8. bis 14. Dezember in Aussicht gestellt worden. Daraus wurden plötzlich "Beratungsgespräche". Nur hat man der Bevölkerung von der Untersuchung eher abgeraten. "Weil man das HCB sowieso nicht aus dem Körper bekommt, weil die Schulmedizin hilflos sei – das hat man mir mitgeteilt", sagt Erlacher und schüttelt den Kopf. Oder wie es in einem Schreiben von Landessanitätsdirektorin Elisabeth Oberleitner an Eltern jener Kinder, die Schulmilch konsumiert haben, heißt: "Aufgrund der Tatsache, dass es keine klinische Methode zur Eliminierung von HCB aus dem Körper gibt, ist eine Blutuntersuchung weder sinnvoll noch hilfreich."

An Prostatakrebs erkrankt

Erlacher bleibt stur: "Ich will trotzdem erfahren, wie sehr mein Körper belastet ist, ich kann mit dem Wissen leben. Offensichtlich war ich täglich mit HCB in Kontakt. Wenn mein Wert nicht allzu hoch sein sollte, können auch andere aufatmen. Die Blutabnahme hätte eigentlich längst stattfinden sollen", sagt Erlacher. Albert Kreiner, Krisenkoordinator des Landes, spricht von einem "Missverständnis. Blutuntersuchungen waren nie für Dezember geplant. Im Jänner beginnen wir. Derzeit werden von Umweltmediziner Michael Kundi die Fragebögen der Bevölkerung ausgearbeitet." Erlacher hat doppelte Angst. Er leidet seit drei Jahren an Prostatakrebs und lässt sich von einem Alternativmediziner behandeln. "Ich habe monatelang Blüten und Blätter von den Wiesen konsumiert – das war aufgrund der HCB-Belastung wohl kontraproduktiv. Ich kann nur warten."

Also wieder und weiter warten. Das ist der Milchbauer, der 60 Kühe besitzt, seit April 2014 gewöhnt. "Als die ersten HCB-Werte in der Milch auftauchten, wusste ich, dass sie auf das Futter vom Sommer 2013 zurückzuführen waren, das ich über den Winter verfüttert habe. Ich habe im Mai 2014 vier Mal in der Regierung angerufen und gesagt, dass es im Zementwerk im Sommer 2013 einen Störfall gegeben haben muss. Alles wurde verharmlost. Es sind lethargische, dilettantische Beamte am Werk", ist sich Erlacher sicher.

Die Bevölkerung habe gar nicht gewusst, dass hochgiftiger Blaukalk verbrannt werde. "Aber das Werk und die Beamten wussten es. Niemand hat den Zusammenhang erkannt und ‚Hoppala‘ gesagt."

Der 59-Jährige hat Futtermittel zugekauft, inzwischen ist seine Milch sauber. Das kontaminierte Heu lagert indes noch immer auf seinem Hof. Das Land hatte sogar Bescheide ausgestellt, wonach es bis 20. Dezember abtransportiert hätte werden müssen. Der Bescheid wurde aufgehoben, weil kein Ofen zur Verbrennung gefunden wurde. Erlacher fürchtet sich bereits vor den Bildern in Medien, wenn Menschen mit Schutzanzügen, Handschuhen und Gesichtsmasken sein Heu abtransportieren. Er selbst bevorzugt nach wie vor die Arbeit mit bloßen Händen.

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