HCB erstmals auch in Muttermilch entdeckt

HCB in der Muttermilch gefunden. Experten interpretieren ein vorliegendes Ergebnis unterschiedlich.
Dreifach überhöhte Werte. Frau erhielt Testergebnis ohne Erklärung der Auffälligkeiten.

Pleiten, Pech und Pannen. Im Zusammenhang mit dem Umwelt- und Behördenskandal um Hexachlorbenzol (HCB) im Kärntner Görtschitztal hat das Land in den vergangenen Wochen nicht die beste Figur gemacht. In diese Kategorie passt die Geschichte einer jungen Frau, die ihre Muttermilch auf HCB untersuchen ließ und über die Tragweite des Ergebnisses nicht informiert wurde.

„Hexachlorbenzol 0,008 +/– 0,004 mg/kg“ steht trocken im Prüfbericht der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), die eine Muttermilch-Probe von Frau M. (Name der Redaktion bekannt) untersucht hat. „Ich bekam dieses Ergebnis vom Amt der Kärntner Landesregierung, Institut für Lebensmittelsicherheit, per eMail ohne jegliche weitere Erklärung“, sagt die Betroffene.

Harald Truschner, zuständiger Lebensmittelgutachter des Landes, betont: „In einer Anmerkung wird darauf hingewiesen, dass man sich unter der Telefonnummer 050/536-15121 beraten lassen kann.“ Soviel zur Theorie. „Auch am Telefon konnte mir niemand sagen, was dieses Ergebnis für mich und mein Baby bedeutet“, ist die stillende Frau verärgert und verunsichert.

Keine Telefonberatung

Bei der oben erwähnten Telefonnummer handelt es sich um jene von Barbara Kohlweg, Umweltmedizinerin des Landes. Sie dürfe nicht mit Medien sprechen, sagt sie zum KURIER und verweist auf Krisenkoordinator Albert Kreiner. „Die Beratung am Telefon ist in solchen Fällen nicht üblich, weil mehrere Parameter zu beachten sind. Die Frau hätte mit Umweltmediziner Michael Kundi eine exakte Bewertung vereinbaren müssen“, so Kreiner.

„Kundi teilte meinem Vater im Rahmen einer Infoveranstaltung in Klein St. Paul mit, dass der HCB-Wert in meiner Milch im normalen Bereich liege“, sagt die Frau. Glaubt man Global 2000, so ist der Messwert allerdings drastisch erhöht. Die Mutter wandte sich an die Umweltschutzorganisation, um eine zweite Meinung zu erhalten. „Ich hatte so ein Gefühl...“

Und tatsächlich: Global 2000 betont, man müsse die 0,008 oder 0,004 mg/kg der AGES auf das enthaltene Milchfett hochrechnen. „Dann beträgt die HCB-Belastung dieser Probe zwischen 0,1 und 0,3 Milligramm pro Kilogramm Milchfett“, heißt es in einer Aussendung. „Egal ob 0,1 oder 0,3 Milligramm, eine Belastung in dieser Höhe ist inakzeptabel. Der deutsche Referenzwert für HCB in Muttermilch, der so festgelegt wird, dass 95 Prozent aller deutschen Muttermilchproben unter diesem Wert liegen, beträgt 0,06 mg/kg Milchfett“, erklärt Helmut Burtscher, Umweltchemiker bei Global 2000.

Eine Risikobewertung des sechs Kilo schweren Säuglings habe eine 200-fache Überschreitung der duldbaren täglichen HCB-Aufnahme ergeben.
Vom Stillen abraten will Burtscher der Frau nicht. „Die Abwägung zwischen positiven und negativen Effekten obliegt Experten und Institutionen.“ Frau M. ist unentschlossen: „Ich werde neben dem Stillen auch mit Flaschennahrung beginnen.“

Vertrag gekündigt

Die Wietersdorfer Zementwerke haben indes am Montag mit sofortiger Wirkung den Vertrag mit der Donau Chemie zur Verbrennung von Blaukalk gekündigt. Die Verwertung des hochgiftigen Klärschlamms wird somit außerhalb Kärntens über die Bühne gehen. 250.000 Tonnen lagern derzeit in der Deponie in Brückl.

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