Grüne Landesrätin gegen Sölden-Tunnel

Mit dem Start der Wintersaison rollt der Verkehr nach und durch Sölden wieder an
Umfahrung für Skiort gegen Anrainer-Protest ist für Ingrid Felipe undenkbar. Die Gemeinde will ein autofreies Dorf

Sölden ist ein Magnet für Skiurlauber. Kein anderer Wintersport in Österreich zieht mehr Gäste an. Doch das spiegelt sich auch auf der einzigen Straße wider, die durch das Ötztaler Dorf führt. Busse, Autos und Lieferwagen zwängen sich durch das Nadelöhr. Seit über zwanzig Jahren versucht Bürgermeister Alois Schöpf (ÖVP) eine machbare Variante für eine Ortsumfahrung zu finden. Zur Zeit wagt er, wie berichtet, gerade einen neuen Anlauf.

Zwei Tunnel sollen am Zentrum vorbei durch den Berg und teilweise sogar unterirdisch durchs Dorf geführt werden. Kostenpunkt rund 38 Millionen Euro. Doch die Pläne gehen noch viel weiter. An der Trasse liegt die in die Jahre gekommene "Freizeitarena". Sie soll an der Schnittstelle der Tunnel einen Kreisverkehr einhausen und dafür neu gebaut werden. Das würde weitere 35 Millionen Euro verschlingen. 20 Millionen Euro sind für die geplante Neugestaltung des Ortskerns veranschlagt, in dem die Durchgangsstraße in Fußgänger- und Begegnungszonen verwandelt würde. Macht in Summe 93 Millionen Euro.

Naturschutz-Grenzen

Wie berichtet, zeichnet sich aber bereits Widerstand der betroffenen Grundstückseigentümer gegen die Tunneltrasse ab. Ungeachtet dessen ist Sölden für das Projekt aber auch auf die Unterstützung des Landes angewiesen. Das betrifft einerseits die Co-Finanzierung. Um die geplanten Tunnel bauen zu können, müssten aber auch die Grenzen eines Naturschutzgebietes verlegt werden, damit die Trasse außerhalb dieser Zone verläuft.

Bis zu den Wahlen im kommenden Februar ist in Tirol noch eine schwarz-grüne Landesregierung im Amt – Zukunft ungewiss. Die Frage, ob sie einer Grenzänderung des betroffenen Ruhegebiets Stubaier Alpen zustimmen würde, stellt sich für Naturschutzlandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) aber ohnehin nicht, wie sie auf Anfrage erklärt. Denn: "Wir machen keine Verkehrsprojekte an Anrainern und Grundeigentümern vorbei, das werden wir auch in diesem Fall so halten."

Zubringer entlasten

Felipes Regierungskollege, Straßenbaureferent Josef Geisler (ÖVP), ist der neuen Variante jedoch nicht abgeneigt. Er hält sie zumindest für "technisch machbar". Geisler wird wiederum von einem Parteikollegen in die Pflicht genommen, der sein eigenes Verkehrsproblem hat. Und an dem ist der Tourismus in Sölden maßgeblich mitbeteiligt.

"Zuerst müssen die Zubringer entlastet werden", sagt Rudolf Köll, Bürgermeister von Tarrenz (Bezirk Imst), auf die Umfahrungspläne im Ötztal angesprochen. Der Ort, dem er vorsteht, liegt auf der Strecke, die Deutschland über den Fernpass nicht nur mit dem Ötztal verbindet. Auf dieser Route, die an Spitzentagen von bis zu 17.000 Pkw befahren wird, geht es auch ins Pitz- und ins Paznauntal mit dem Ski-Hotspot Ischgl. "Der Verkehr rollt mitten durch unser Dorf. Wir haben davon aber gar nichts", sagt Köll.

Er drängt selbst auf einen Tunnelbau. Der "Tschirganttunnel" soll den Verkehr von Nassereith am südlichen Ende des Fernpasses aus an Tarrenz und anderen transitgeplagten Gemeinden vorbei direkt hinunter ins Inntal leiten. Als Verkehrslandesrätin hält Felipe aber auch von diesem Projekt wenig: "Eine weitere Transitroute durch Tirol kommt überhaupt nicht in Frage." Die Grüne befürchtet, dass so ein Tunnel das Fahrverbot für 7,5-Tonner-Lkw auf der Fernpassstrecke ins Kippen bringen könnte.

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