Groteske um Udo Jürgens’ Ehrung

Udo Jürgens mit Ernst Lerch, der an NS-Verbrechen beteiligt gewesen sein soll
Gedenktafel soll an ehemaligem Nazi-Treff angebracht werden. Manfred Bockelmann erhebt Einspruch.

Die Stadt Klagenfurt setzt sich gerne in die Nesseln, wenn es darum geht, den Künstler Udo Jürgens zu ehren: Das Angebot eines Ehrengrabs wurde von der Familie des 2014 im 81. Lebensjahr Verstorbenen abgelehnt, in der Folge wollte man den kriselnden Klagenfurter Flughafen in "Udo-Jürgens-Airport" umbenennen und nun soll eine Erinnerungstafel am ehemaligen "Tanzcafé Lerch" der Weisheit letzter Schuss sein. Weil diese Gaststätte einst als Nazi-Treff galt und der Besitzer federführend an NS-Verbrechen beteiligt gewesen sein soll, erhob nun Udos Bruder Manfred Bockelmann Einspruch.

Klagenfurt am Wörthersee: Im Landeskrankenhaus wurde Udo Jürgens geboren, hier besuchte er das Realgymnasium und hier begann auch seine große Karriere: unter dem Künstlernamen Udo Bolan im "Tanzcafé Lerch".

Nach Jürgens’ Tod am 21. Dezember 2014 wollten die Stadtväter den bekannten Entertainer würdigen. Das von Bürgermeister Christian Scheider (FPÖ) angebotene Ehrengrab wurde jedoch in Wien errichtet. Und die von der SPÖ vorgeschlagene Umbenennung des "Kärnten Airport" in "Udo-Jürgens-Airport" nicht vollzogen – zum Glück, sagt man heute: immerhin droht dem Flughafen nach wie vor die Schließung.

Präsidium entschied

Im Auftrag von Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) hat die Abteilung Präsidium des Magistrats beschlossen, eine Gedenktafel am Gemäuer des ehemaligen "Café Lerch" anzubringen. "Dieses Lokal ist untrennbar mit dem Karrierestart des Künstlers verbunden", sagt Abteilungsleiter Arnulf Rainer. Mathiaschitz ergänzt: "Im Kulturausschuss gab es keinerlei andere Vorschläge. Es gibt diesen Bezug zwischen dem Tanzcafé und Udo Jürgens."

Allerdings hat besagtes "Café Lerch" nicht nur durch Jürgens’ Gastspiele Berühmtheit erlangt: Ab den 1930ern trafen sich in der Wiener Gasse Nr. 10 Nationalsozialisten wie Ernst Kaltenbrunner oder Odilo Globocnik. Ernst Lerch, der Sohn des Hauses, trat mit 18 der NSDAP bei und stieg später zum SS-Sturmbannführer und zu Globocniks "Judenreferenten" auf. Er soll eine zentrale Rolle bei der "Aktion Reinhardt" gewesen sein, der rund zwei Millionen Juden zum Opfer fielen.

Während Gobocnik nach dem Krieg Selbstmord verübte, kehrte Lerch nach Klagenfurt zurück, übernahm das Lokal und machte daraus jenes Tanzcafé, das Udo Jürgens zu füllen wusste. Lerchs Taten im Nationalsozialismus blieben ungestraft. 1971 wurde er wegen des Vorwurfs des Massenvernichtungsverbrechens angeklagt, das Verfahren wurde allerdings 1972 eingestellt.

"Nur die Musik zählte"

Was bleibt, ist die düstere Geschichte des Lokals, und die will weder Udo Jürgens’ Familie noch der Klagenfurter "Beirat für Erinnerungskultur" mit Udo verbunden wissen. Der Vorsitzende, Peter Gstättner, ist mit Manfred Bockelmann eng befreundet und sagt: "Die Familie lehnt eine Erinnerungstafel an diesem Gebäude dezidiert ab. Udo hatte keine Ahnung, wer Lerch war, daher will man ihn aus diesem Kontext heraushalten." Der Klagenfurter Zeitzeuge Walter Rubenthaler, der einst mit Jürgens im "Lerch" auftrat, bestätigt dies: "Udo hat hier die Leute unterhalten, für 40 Schillinge die Stunde Jazz oder Swing gespielt. Ihm ging es nur um die Musik, von Lerchs Nazi-Vergangenheit wussten wir alle nichts."

Der Erinnerungsbeirat, der übrigens an Udos Todestag erneut zusammentritt, wird einen neuen Vorschlag einbringen. Gstettner: "Die Tafel soll am Klagenfurter Konservatorium angebracht werden, wo Udo gelernt hat. Das ist mit Manfred Bockelmann akkordiert."

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