Große Liftpläne vor Ischgls Tür
Vor diesem Winter haben die Tiroler und Vorarlberger Skigebiete am Arlberg Nägel mit Köpfen gemacht. Mit dem Bau von vier neuen Bahnen wurde das mit 305 Pistenkilometern größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs geschaffen. Für eine weitere Verbindung hinüber nach Kappl ins Tiroler Paznauntal gibt es bereits einen positiven Bescheid. Über Einsprüche von Landesumweltanwalt und Alpenverein hat das Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden.
Wird die Bahn gebaut, würde nur noch eine Verbindung zwischen Kappl und der Tourismushochburg in Ischgl und damit auch ins benachbarte Samnaun in der Schweiz für ein Mega-Skigebiet fehlen. "Aber das wäre ein Gewaltakt", sagt Hannes Parth, Vorstandsvorsitzender der Silvretta Seilbahnen in Ischgl. Er sieht dafür keine mögliche Variante. Sehr konkret sind allerdings die Pläne von Parths Seilbahnkollegen in Samnaun.
Vier neue Lifte für Samnaun
Die wollen ihr Skigebiet mit vier neuen Liften, die bis 2020 gebaut werden sollen, ausbauen. "Das ist eine gute Sache. Davon würden wir beide profitieren. Dem Gast ist nämlich egal, wo die Grenze verläuft", sagt Parth. Damit die Träume wahr werden, müssten die geplanten Bahnen und Pisten allerdings im regionalen Richtplan Graubündens für das Unterengadin verankert werden. Das gilt auch für das Vorhaben des Skiorts Scuol, der zwei neue Lifte bauen möchte.
Schweizer Umweltverbände laufen gegen die Erweiterungen Sturm. In beiden Fällen würden bisher unberührte Geländekammern erschlossen, die wichtigen Lebensraum für Wildtiere darstellen, sagen die Kritiker. Im Fall von Samnaun müsste zudem ein Landschaftsschutzgebiet aufgehoben werden.
Es sind aber die Begehrlichkeiten in Scuol, die auch auf Tiroler Seite der Silvrettagruppe die Alarmglocken klingeln lassen. Peter Haßlacher, Vorsitzender der Alpenschutzkommission CIPRA Österreich, macht ein Korridor Angst, der im regionalen Richtplan als "Vororientierung" aufgenommen werden soll. "Da kommen aktuell wieder uralte Pläne hervor", sagt der Raumordnungsexperte.
Vorstoß nach Norden
Konkret würde Scuol mit seinen Liften Richtung Norden vorstoßen. Im Richtplan könnten aber auch die Weichen für eine weiterreichende Verbindung gestellt werden. Haßlacher teilt die Bedenken der Schweizer Umweltschützern, zu denen etwa Pro Natura und der WWF zählen. Sie sind überzeugt: "Die große Vision von Scuol ist die Verbindung nach Ischgl." Dazu sei eine 8,8 Kilometer lange Pendelbahn vom nun vor der Erschließung stehenden Piz Champatsch zum Piz Val Gronda, auf den vom Ischlger Skigebiet seit 2013 eine neue Bahn führt, angedacht.
"Solche Pläne gab es bereits in den 1990er-Jahren", sagt Haßlacher. Eine derartige Bahn würde durch eine Moorlandschaft führen, die für die Schweiz von nationaler Bedeutung sei. Die Erschließung der Hänge rund um die Heidelberger Hütte am Fuße des Piz Val Gronda hätte ohne Zweifel ihren Reiz. Sie gelten als Skitourenparadies auf Schweizer Seite.
"Eine Verbindung von Scuol nach Ischgl ist momentan in keiner Weise realistisch. Das sehen wir beide so", sagt Bergbahn-Chef Parth und meint, dass so ein Projekt "künftigen Generationen vorbehalten bleibt". Haßlacher sieht hingegen bei einer entsprechenden Änderung des Raumordnungsplans in der Schweiz eine Tür geöffnet, die früher oder später durchschritten würde.
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