Grenze: Bayerisches Verwirrspiel um angeblich sinkende Schleuser-Zahlen

Im Herbst startete Deutschland Kontrollen an der Grenze zu Österreich
Laut Bayern wird wegen der Kontrollen an der Grenze zu Österreich weniger geschleppt. Die Schleusertätigkeit nimmt in Wahrheit aber zu, wie offizielle Zahlen zeigen.

Anfang April bedankte sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Rahmen eines Tirol-Besuchs überschwänglich bei Österreich für seine Flüchtlingspolitik. Tatsächlich ist der Zustrom von Migranten in Bayern seit der Schließung der Balkan-Route massiv rückläufig.

Seehofer und seine Parteikollegen gelten auch als massive Verfechter der Grenzkontrollen zu Österreich. Als Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) zuletzt in Aussicht stellte, diese Kontrollen Mitte Mai aufzuheben, liefen die Bayern Sturm. Sie plädierten vielmehr für eine Ausdehnung auf alle Grenzübergänge zu Österreich.

Am Freitag vermeldete das bayerische Innenministerium nun – wie zur Bestätigung der rigiden Linie – , dass nicht nur die Zahl der Flüchtlinge, sondern auch jene der ertappten Schlepper an der deutsch-österreichischen Grenze stark zurückgegangen seien. Verantwortlich dafür seien die seit September bestehenden Kontrollen an der Grenze zu Österreich sowie die Grenzschließungen in Südosteuropa. Bis Ende April sind laut Ministerium 50 Fälle versuchter Schleppungen gezählt worden. Im gesamten Vorjahr waren es knapp 2600.

Verwunderlicher Trend

Es ist ein Trend, der verwundert. Denn Experten gehen davon aus, dass das Schließen der Grenzen die Tätigkeit der Schlepper eher befeuert. Völlig konträr zu den bayerischen Zahlen sind denn auch jene der deutschen Bundespolizei. Die ist für grenzpolizeiliche Maßnahmen zuständig. Die bayerische Polizei betreibt lediglich Schleierfahndung. Dementsprechend spiegeln die vom bayerischen Innenministerium präsentierten Zahlen nur einen Bruchteil des Geschehens wider.

"Seit die Zahl der Migranten zurückgegangen ist, stellen wir fest, dass es mehr Schleusungen und mehr Geschleuste gibt", sagt Thomas Borowik, Sprecher der Bundespolizei in München. Das zeigen die Monatsstatistiken eindrücklich. Im Jänner und Februar, also noch vor Schließen der Balkanroute Mitte März, wurden von der Bundespolizei 43.000 illegal Eingereiste registriert. In den beiden Folgemonaten waren es nur noch rund 10.300. Die Zahl der aufgegriffenen Geschleppten verlief genau gegenläufig. In den ersten beiden Monaten des Jahres wurden 240 geschleuste Personen gezählt. Im März waren es 500 und im April sogar 850 Menschen, die von Schleusern nach Bayern gebracht wurden.

Zunahme in Österreich

"Die Route auf dem Balkan ist nur scheinbar geschlossen. Es wird dort massiv geschleppt", sagt Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt in Wien. Das ist auch in Österreich, das vor einem Monat Kontrollen an der Grenze zu Ungarn gestartet hat, spürbar. "Wir merken das jetzt immer mehr und haben oft Tage, an denen 100 Personen aufgegriffen werden", erklärt der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität. Als Gegenmaßnahme werde versucht, "Schleppernetzwerke schon vor unserer Haustüre zu identifizieren".

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