Grazer Professor soll Studiengeld behalten haben

Die Fördermittel sollten in die Forschung fließen
Justiz nimmt Schaden von 1,1 Millionen Euro an. Verdächtiger bestreitet die Vorwürfe.

"Auf so etwas kann man nur durch Zufall draufkommen", betont Hellmut Samonigg und ärgert sich hörbar. "Das ganze System ist beschädigt worden."

Der Rektor der Medizinischen Universität Graz hat jedenfalls mit dem Zufall recht: Als ein Professor 2013 in den Ruhestand ging, räumte ein Mitarbeiter dessen Büro leer und stieß dabei auf Kontoauszüge mit Überweisungen für ein angebliches Forschungsprojekt - doch bei dem Geldinstitut hatte die Uni gar kein Konto.

Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelte nach einer Anzeige der Uni rund drei Jahre lang in dem Fall. Vor Kurzem wurde die Anklage wegen Betrugsverdachts eingebracht, bestätigte Sprecher Hansjörg Bacher gestern einen ORF-Bericht: Es gehe insgesamt um einen Schaden von 1,1 Millionen Euro. Der Anfangsverdacht lag bei einem Viertel dieser Summe.

Zwölf Aktenbände

Dem Mediziner wird unter anderem vorgeworfen, Forschungsgelder aus mehreren Sparten statt in die vorgesehenen klinischen Studien in die eigene Tasche fließen haben zu lassen. Die Anklageschrift ist noch nicht rechtskräftig, der Verdächtige hat Einspruch erhoben. Derzeit liege der zwölf Bände dicke Akt bei der Oberstaatsanwaltschaft, betonte Bacher. Auch das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung ermittelte in dem Fall.

15 Jahre lang sollen die Malversationen gelaufen sein, so der Vorwurf. Die Anklage umfasst drei Punkte: Pharmafirmen und auch die MedUni Graz sollen um 800.000 Euro umgefallen sein. Geld, das in die Krebsforschung hätte gehen sollen. Zusätzliche rund 140.000 Euro sollen statt in klinische Stammzellen-Projekte auf das Privatkonto gegangen sein. Weiters wirft die Justiz dem früheren Professor vor, einer Bank wertlose Aktien verkauft zu haben. In diesem Punkt scheinen rund 180.000 Euro an mutmaßlicher Schadenssumme in der Anklage auf.

Rektor Samonigg versichert, dass der Vorfall weder für Forschung selbst noch für Patienten selbst Folgen gehabt habe. Denn die Studien, die die Firmen mitfinanzierten, wurden auch durchgeführt.

Nebenabsprachen

Es scheine aber so, dass zusätzlich zur offiziellen Vereinbarung mit der Universität Nebenabsprachen getroffen worden seien, hieß es seitens der Justiz: Dieses Geld dürfte dann auf das Konto des Verdächtigen überwiesen worden seien. MedUni-Chef Samonigg sieht nicht nur seine Hochschule, sondern auch die Pharmafirmen getäuscht: Diese hätten erwartet, dass ihr Geld der Forschung zugute kommen.

Der mutmaßliche Täter weist jede Schuld von sich. Sein Rechtsanwalt betonte gestern, sein Mandant habe die Zahlungen bloß nicht mit der MedUni abgerechnet.

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