Prozess um "Schwarzfahrtickets" vertagt

Prozess um "Schwarzfahrtickets" vertagt
Mindestens 110.000 Euro Gesamtschaden. Fortführung am 12. Mai

Der Prozess rund um "Schwarzfahrtickets", die sich Kontrolleure der Graz Linien selbst ausstellten, hat am Donnerstag am Straflandesgericht Graz begonnen. Von ursprünglich 24 Angeklagten erschienen 13 Frauen und zehn Männer. Ein Verfahren wurde bereits eingestellt. Die Verhandlung wurde nach den Eröffnungsplädoyers vertagt und soll an zumindest acht weiteren Terminen fortgesetzt werden.

Der Gerichtssaal musste um mehrere Tische für insgesamt zehn Verteidiger aufgerüstet werden. Die 23 Angeklagten, deren Alter von in den 20ern bis Ende 60 reichte, nahmen den Großteil der Stühle in Beschlag. Die meisten der Beschuldigten führten Schulden und den Bezug von Arbeitslosenunterstützung in der Eingangsbefragung zu den Personalien an. Einige befänden sich in Privatkonkurs, andere würden diesen anstreben. Sie waren oder sind für eine private Sicherheitsfirma tätig, die für die Graz Linien Fahrscheinkontrollen durchführt.

Staatsanwältin Gertraud Pichler sprach in ihrem Eröffnungsplädoyer von "Freunderlwirtschaft". Im Zeitraum von Anfang 2009 bis September 2011 habe man ein System für "privilegierte Schwarzfahrer" aufgebaut. Außer dem mutmaßlichen Drahtzieher wurde den Beschuldigten das Vergehen der Untreue vorgeworfen. Der 54-jährige mutmaßliche Anstifter, der sich das System ausgedacht haben soll, muss sich wegen des Verbrechens der Untreue verantworten. Ihm drohen drei bis zehn Jahre Haft.

110.000 Euro Gesamtschaden

Angeklagt wurde ein Gesamtschaden von 110.000 Euro. Dieser errechnete die Staatsanwaltschaft laut Pichler so: "22 Kontrolleure in mehr als zwei Jahren, manche waren mehr, manche weniger beschäftigt, aber im Schnitt ließ einer einmal pro Woche einen privilegierten Schwarzfahrer durch." Funktioniert habe das System mit abgelaufenen, aber gekennzeichneten Fahrscheinen: Die Beschuldigten sollen teilweise selbst Tickets mit ihrer Dienstnummer versehen und an Angehörige und Bekannte weitergegeben haben. Personen mit diesen markierten Fahrscheinen sind dann - laut Staatsanwaltschaft - von den anderen angeklagten Kollegen nicht abgestraft worden.

Anstifter soll der 54-Jährige gewesen sein. Er habe sich als Betriebsrat einen Vorteil von seinem Handeln erwartet, erklärte Pichler. Aufgeflogen ist die Sache durch eine Unachtsamkeit: Einer der Angeklagten kaufte im Mobilitätszentrum einen Fahrschein für seine Schwester und notierte seine Dienstnummer darauf. Dabei wurde er aber beobachtet. Ein Detektiv wurde engagiert und schließlich sei das ganze Ausmaß aufgeflogen, sagte die Staatsanwältin.

Die Verteidiger stießen sich in ihren Plädoyers vor allem an der Schadenshöhe und sprachen von "Milchmädchen-Rechnung" und von "Kollektivschuld". Sechs der Beschuldigten erklärten sich teilweise schuldig und sagten, es tue ihnen leid. Aber die meisten wollten nichts mit dem "System" zu tun gehabt haben, ebenso der mutmaßliche Drahtzieher.

Fortführung am 12. Mai

Anschließend erklärte Richterin Angelika Hacker den weiteren "Fahrplan" für den Prozess: Am Montag, 12. Mai, geht es mit der Befragung der einzelnen Angeklagten weiter. Nach mehreren Verhandlungstagen sollen ab 21. Mai Zeugen gehört werden, darunter Holding Graz-Chef Wolfgang Malik sowie Vorstandsdirektorin Barbara Muhr. Als letzter Verhandlungstag ist der 28. Mai angepeilt, das kann sich jedoch noch im Laufe des Prozesses ändern.

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