Graz färbt sich schwarz-blau

Siegfried Nagl (ÖVP) und Mario Eustacchio (FPÖ)
ÖVP und FPÖ präsentieren ihre Koalition in der Stadthalle statt im Rathaus.

Die Inszenierung ist ungewöhnlich. Nicht im historischen Rathaus, sondern in der modernen Stadthalle geben Schwarz und Blau am Mittwoch ihr Ja-Wort bekannt: Wie erwartet, haben sich ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl und FPÖ-Obmann Mario Eustacchio als Partner gefunden. Journalisten wurden vorab gebeten, sich anzumelden, auch eine Ausweiskontrolle ist vorgesehen. Auch das ist selten bei so einem Termin.

Viel mehr wollen der alte, neue Bürgermeister und sein künftiger Stellvertreter vorerst nicht dazu sagen, das soll alles bei der groß angelegten Präsentation am Mittwoch geschehen. Die wahrscheinliche Ressortverteilung sickerte aber ohnehin bereits aus den Verhandlungen durch: Eustacchio wird nicht nur Vizebürgermeister, sondern auch Wohnungsstadtrat. Die ÖVP behält unter anderem Finanzen sowie Wirtschaft, übernimmt aber auch die Kulturagenden.

Doch auch wenn zwei Parteien paktieren, regieren vier, so will es das Proporzsystem. Die KPÖ stellt mit Elke Kahr und Robert Krotzer zwei Stadträte, die Grünen sind mit Tina Wirnsberger im Stadtsenat vertreten.

Wirnsberger dürfte wenig überraschend die Umweltagenden erhalten. Der am meisten beachtete Ressorttausch findet aber zwischen Kommunisten und Freiheitlichen statt. Eustacchio forderte exakt jenes Ressort, das die in Graz oft "Kummerln" genannte KPÖ seit 18 Jahren verwaltete: Die Wohnungen, Gemeindebauten inklusive.

Entsprechend enttäuscht reagiert die bisherige Vizebürgermeisterin Elke Kahr, die das Verkehrsressort übernehmen dürfte. Via Facebook malt sie ein düsteres Bild für die Zukunft der Grazer Mieter generell und Bewohner von Gemeindewohnungen im speziellen. "ÖVP und FPÖ im Bund haben 60.000 öffentliche Wohnungen privatisiert", erinnert Kahr an den Verkauf der BUWOG-Objekte. Anders als ihre Kollegen etwa in Leoben wollten ÖVP und FPÖ in Graz die Erhöhung der Richtwertmieten ab April nicht aussetzen.

Das zeige schon, wohin die Reise gehe, überlegt Kahr. 5401 Grazer unterzeichneten übrigens die Petition "Elke Kahr muss Wohnungsstadträtin bleiben". Ihre Fraktion bleibt auch nach den Wahlen vom 5. Februar mit 20,3 Prozent die weitsträkste Fraktion vor der FPÖ, die auf 15,9 Prozent kam.

Wahl verzögert sich

Deshalb wird ich Eustacchio auch bis Mittwochabend kommender Woche gedulden müssen, ehe er sich Vizebürgermeister nennen darf: Die KPÖ lässt es sich nicht nehmen, ihre Chefin bei der Gemeinderatssitzung am 4. April für das Amt der Bürgermeister-Stellvertreterin zu nominieren.

Als Zweitstärkste steht ihr das alleinige Vorschlagsrecht für den Posten drei Mal hintereinander zu, danach muss um mindestens 24 Stunden vertagt werden. Aus dem Grund wird die konstituierende Sitzung des Gemeinderates am 5. April ab 18.30 Uhr fortgesetzt, dann dürfen alle Parteien Vorschläge einbringen. Mit den 19 Stimmen der ÖVP erreicht Eustacchio dann die nötige Mehrheit, die FPÖ selbst hat acht Mandatare.

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