Gelähmter Häftling fordert 170.000 Euro Schmerzengeld von der Republik

(Symbolbild)
Vier Beamte sollen den Mann fixiert haben, der seit damals im Rollstuhl sitzt.

Tschuldigung“, sagt die Grazer Zivilrichterin und wundert sich. „Der muss nackt in der Zelle sein?“

Später wird sich die Juristin noch einmal wundern. „Wie ist es möglich, dass vier Männer, die nicht ganz zart sind, einen 1,72 Meter großen Mann nicht festhalten können?“ Einer der „nicht ganz zarten“ Justizwachebeamten wog 135 bis 140 Kilogramm, als er sich seitlich auf den Häftling kniete, der mit dem Bauch am Boden lag.

Friedrich Goll, 64, wird im Rollstuhl in den kleinen Verhandlungssaal geschoben. Seit November 2010 ist er querschnittgelähmt, seine Anwältin Karin Prutsch verklagt deshalb die Republik Österreich auf 170.000 Euro Schmerzengeld: Denn die Lähmung sei erst in der Justizanstalt Graz-Karlau verursacht worden, als die Justizwachebeamten ihren Mandaten fixierten.

Wegen Drohung musste Goll ins Gefängnis, die Strafe hätte er längst verbüßt, doch er ist im Maßnahmenvollzug und dadurch noch in Haft. „Er leidet an einer schizoaffektiven Psychose“, beschreibt die Psychiaterin. Dagegen bekam er Spritzen, doch Goll will sie nicht: „Das ist Folter.“

Ein Knacksen

Als er am 17. November 2010 wieder in die Anstaltsordination geführt wurde, um die Injektion zu erhalten, wehrte er sich: Er packte die Krankenschwester an den Händen, die riss sich los „und dann, irgendwann liegst am Boden“, schildert einer der Wachebeamten. Vier waren im Einsatz: Einer hielt links, einer rechts, einer lag auf den Beinen, einer kniete seitlich über ihm. Plötzlich ein Knacksen. „Wie Fingerknacken“, beschreibt ein Beamter.

Goll wurde später in den „doppelt gesicherten Haftraum“ gebracht, gefesselt an Händen und Füßen. „Er wurde visitiert und vom Gewand befreit“, schildert ein Beamter. „Dann haben wir ihn auf das Bett gelegt und zugedeckt, weil er war ja entblößt.“

Der 64-Jährige behauptet, er sei zwei Tage lang nackt in der Zelle gewesen, verletzt. „Ich hab einen Schlag gespürt wie ein Stromstoß und bin zusammengebrochen.“ Der Arzt sah zuvor durch das Fenster in der Tür in die Zelle. „Er ist gegangen, hat geschrien. Da erscheint mir keine Lebensgefahr“, schildert der Mediziner.

Das Urteil ergeht schriftlich. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Justizwache und die Ärzte wurden übrigens eingestellt.

Kommentare