Gaskammer geleugnet: Anklage hatte doch Chancen

Anwalt leugnete Gaskammer in Mauthausen
Freibrief für Anwalt: Weisungsrat im Justizministerium schützte Strafverteidiger nach Mauthausen-Sager. In drei ähnlichen Fällen gab es aber Schuldsprüche.

Ein oberösterreichischer Strafverteidiger durfte im März 2016 dank der schützenden Hand, die der Weisungsrat im Justizministerium über ihn gehalten hat, die Gaskammer im KZ Mauthausen leugnen. Eine Anklage hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt, wurde argumentiert (der KURIER berichtete). Jetzt stellt sich heraus: Eine Verurteilung wäre keineswegs unrealistisch gewesen.

Der Mandant des Anwalt hatte sich via Facebook als "erster Einheizer" in Mauthausen angedient und war wegen NS-Wiederbetätigung vor einem Geschworenengericht gelandet. In seinem Plädoyer für den Angeklagten erklärte der Strafverteidiger, es sei "strittig, ob in Mauthausen Vergasungen stattgefunden haben...", für das Nebenlager Hartheim sei es erwiesen. Der Anwalt sagte noch mehr: Sein Mandant habe im Zusammenhang mit kriminellen Gruppen von Ausländern gesagt, dass Abhilfe geschaffen gehöre, und "da drängt sich natürlich auf, dass er da an Konzentrationslager und insbesondere Mauthausen denkt."

Wegen der Gaskammern-Leugnung verfasste die Staatsanwaltschaft Wels eine Anklage gegen den Anwalt nach dem NS-Verbotsgesetz und ließ sich das von der Oberstaatsanwaltschaft Linz absegnen. Wegen des zu erwartenden medialen Interesses wurde auch noch der Weisungsrat im Justizministerium damit befasst. Und dieser ruderte zurück: Im KZ Mauthausen wurden mehr als 5000 Gefangene in der Gaskammer ermordet. Die Bestreitung der Existenz einer solchen sei zwar ein "Blödsinn" bzw. "nicht akzeptabel". Die Äußerung müsste allerdings verallgemeinernden Charakter in dem Sinn haben, dass der Anwalt die NS-Verbrechen "schlechthin und in ihrem Kern leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht." Das sei hier aber nicht geschehen.

Das Justizministerium wies die Staatsanwaltschaft daraufhin an, die bereits rechtskräftige Anklage zurückzuziehen. Das Verfahren gegen den Anwalt wurde eingestellt.

Parallelverfahren

Dem Nationalratsabgeordneten Karl Öllinger von den Grünen ließ das keine Ruhe. In einer parlamentarischen Anfrage wollte er von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) wissen, in welchen Verfahren nach dem Verbotsgesetz seit 2006 die Existenz einer Gaskammer in Mauthausen bestritten wurde und zu welchen Strafurteilen das führte.

Tatsächlich wurden zumindest drei Verfahren eruiert, in denen die Leugnung von Gaskammern in Mauthausen Schuldsprüche nach sich gezogen haben. Es sei jedoch – so der Minister – stets einzelfallbezogen zu entscheiden.

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