Franziskus nahm Rücktritt von Bischof Kapellari an

Bischof Egon Kapellari
Der dienstälteste Bischof Österreichs geht nach 33 Dienstjahren.

Mit Punkt 12.00 Uhr und der Verlautbarung des Rücktritts durch das vatikanische Presseamt ist die Leitung der Diözese Graz-Seckau an das Domkapitel übergegangen. Papst Franziskus hat somit den Rückzug von Bischof Egon Kapellari angenommen. Das Domkapitel muss nun innerhalb von acht Tagen einen Diözesanadministrator wählen - möglicherweise könnte dieser schon am Mittwoch feststehen.

"Sedisvakanz"

Die Diözese befindet sich nun im Zustand der "Sedisvakanz". Bereits am Nachmittag soll eine erste Sitzung des Domkapitels stattfinden. Die Wahl findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dem Vernehmen nach könnte die Entscheidung "zeitnah" bekannt gegeben werden, die acht Tage dürften jedenfalls nicht in Anspruch genommen werden. Zum Diözesanadministrator kann laut Kirchenrecht jeder Priester, der das 35. Lebensjahr vollendet hat, gewählt und bestellt werden. Außerdem dürfe er noch nicht als zukünftiger Bischof präsentiert worden sein, und er soll sich durch "Wissen und Klugheit" auszeichnen.

Tritt die Sedisvakanz ein und gibt es in der Diözese weder einen Weihbischof noch einen Bischofskoadjutor - so wie in Graz-Seckau -, leitet das Domkapitel die Diözese bis zur Bestellung des Diözesanadministrators. Sollte diese Wahl innerhalb der vorgeschriebenen Zeit von acht Tagen nicht stattfinden, geht das Bestellungsrecht auf den Metropoliten der Kirchenprovinz - im konkreten Fall der Salzburger Erzbischof Franz Lackner - über. Wird ein Administrator gefunden, übernimmt er bis zur Amtsübernahme eines durch den Vatikan ernannten Bischofs die leitenden Aufgaben.

Rücktrittsgesuch vor vier Jahren

Bischof Kapellari hatte vergangenen Samstag in einem Hirtenbrief seinen Rücktritt bekannt gegeben. Er steht im 80. Lebensjahr und hatte bereit vor vier Jahren Papst Benedikt XVI. um seinen Rücktritt ersucht.

Diözesanadministrator wird, wer die absolute Mehrheit der Stimmen der anwesenden wahlberechtigten Domkapitulare erhalten hat. Gibt es nach zwei Wahlgängen niemanden mit absoluter Mehrheit, findet eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den größeren Stimmenanteilen statt. Herrscht nach dem dritten Wahlgang Stimmengleichheit, wird der ältere der beiden Kandidaten bestellt.

Der steirische Diözesanbischof Egon Kapellari hat knapp nach seinem 79. Geburtstag - er ist am 12. Jänner 1936 im obersteirischen Leoben geboren - seinen Rückzug von der Spitze der Diözese angekündigt. Der als konservativ geltende Bischof, eifrige Publizist und Verfasser von an die 15 Büchern, ist nie ein lautstarker Kirchenmann gewesen, hat aber stets tagespolitisch Stellung bezogen.

Der Obersteirer studierte in Graz zunächst Rechtswissenschaften und dann in Graz und Salzburg Theologie. 1961 zum Priester geweiht, übernahm er in Graz das Amt eines Hochschulseelsorgers, ehe er am 24. Jänner 1982 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof der Kärntner Diözese Gurk-Klagenfurt ernannt wurde. In seiner Kärntner Zeit stellte Kapellari seinen öffentlichen Reden oft Grußworte in slowenischer Sprache voran - zu einer Zeit, als dies politisch nicht opportun war.

Knapp zwei Jahrzehnte später erfolgte seine Rückkehr nach Graz, wo er im März 2001 die Nachfolge von Johann Weber als Diözesanbischof antrat. Kapellari ist seit 1992 Referent für Fragen von Liturgie, Europa und Kultur in der Österreichischen Bischofskonferenz und als deren stellvertretender Vorsitzender seit 2001 auch für Medienfragen zuständig.

Der Grazer Bischof gilt als konservativ, nimmt im Klerus aber eher eine Mittelposition und eine "offene Haltung gegenüber der Welt" ein. Zur Rehabilitierung des Holocaustleugners Richard Williamson, zur Bestellung des Linzer Weihbischofs Gerhard Wagner und zu den Missbrauchsfällen in der Kirche fand er deutliche Worte der Kritik.

Sein Leitspruch als Bischof ist einer Stelle im 1. Korintherbrief entnommen: "Omnia vestra, vos autem Christi" (Alles ist Euer, ihr aber gehört Christus). Kapellari gilt als um Ausgleich bemüht und als neuen Ideen durchaus aufgeschlossen, solange sie nicht gegen Dogmen wie Zölibat oder den alleinigen Führungsanspruch wie in den kirchlichen Hierarchien abgebildet geht. Für die Reformbemühungen etwa der Pfarrerinitiative fand er Verständnis, aber diese müssten im "Schiff der Diözese und der Weltkirche" stattfinden. Noch im März 2013 hatte er wiederum über einen südsteirischen Pfarrer ein Predigtverbot ausgesprochen, weil dieser wiederholt gegen Homosexuelle und den Islam gewettert hatte.

In den vergangenen Jahren hatte er auch deutlich gegen parteipolitische Vereinnahmungsversuche des Christentums - etwa in der Islamdebatte - Stellung bezogen und im Mai 2009 implizit Kritik am FPÖ-Slogan "Abendland in Christenhand" geübt: Damals verwies er "auf die Tatsache, dass Europa als sogenanntes 'Abendland' sich nicht monopolartig in Christenhand befindet oder je befinden könnte". Auch gegen das Anti-Minarett-Spiel der steirischen FPÖ im Landtagswahlkampf im Spätsommer 2010 hatte Kapellari klar Position bezogen - er sehe durch das Spiel das Zusammenleben religiöser Glaubensgemeinschaften in der Steiermark gefährdet: "Das hebt eine Schranke des interreligiösen Respekts auf und ist strikt abzulehnen."

Kapellari, der als "Medienbischof" der Bischofskonferenz den stets im Frühling im Grazer Priesterseminar abgehaltenen "Empfang für Medienschaffende" eingeführt hatte, litt in den vergangenen Jahren zunehmend unter Problemen mit beiden Knien, ertrug dies aber geduldig und langmütig - obwohl etwa trotz seiner Ersuchen die Nachfolgefrage in Salzburg noch vor seiner eigenen entschieden wurde. Nun dürfte er das bekommen, was er sich seit langem und öffentlich kundgetan wünscht: "Mehr Zeit für den 'Mönch in mir'."

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