Flughafen-Tower als Sicherheitsrisiko?
Der Flug im Juli 2008, der ein mögliches Sicherheitsproblem mit dem Tower am Flughafen-Schwechat offenbarte, erinnert an das Concorde-Inferno im Jahr 2000 in Paris: Beim Start des Iberia-MD-88-Jets mit 122 Menschen an Bord brachen Teile des Fahrwerks ab, durchschlugen eine Tragfläche und wurden von einem Triebwerk eingesaugt. Passagiere nahmen drei Explosionen wahr. Der Pilot schaltete noch während des Startmanövers das beschädigte Triebwerk ab. Am Airport wurde Crash-Alarm ausgelöst, der Katastrophenzug der Feuerwehr alarmiert.
Was danach passierte, dürfte ein neues Kapitel in der Affäre um die Sicherheitsberichte des Verkehrsministeriums aufschlagen: Der Pilot wurde zunächst viel zu weit vom Flughafen weggelotst. "Ein Gleitflug zum Flugplatz Schwechat zurück wäre bei Ausfall des zweiten Triebwerks aus 5000 Fuß (ca. 1500 Meter, Anm.) Höhe nicht mehr möglich gewesen", sagt der Luftfahrt-Experte und gelernte MD-88-Pilot Hellfried Aubauer dem KURIER. Vieles deutet daraufhin, dass der diensthabende Fluglotse hier einen Fehler gemacht haben dürfte.
Tiefflug über die OMV
Weder das Verkehrsministerium, noch die Flugsicherung Austro-Control wollten auf Anfrage erklären, was die mysteriösen anderen Gründe waren. Laut zwei Flughafen-Insidern soll eine der nicht genannten Ursachen ein Blendungsproblem für die Lotsen gewesen sein. Denn der Tower am Flughafen Schwechat ist nach Süden ausgerichtet. Der Vorfall war drei Stunden vor Sonnenuntergang – zu diesem Zeitpunkt steht die Sonne bereits tief.
"Blendung vermeiden"
Die Austro-Control bestreitet, dass es überhaupt ein derartiges Problem gibt. Auffallend ist allerdings, dass die Flugsicherung in den Ministeriumsberichten praktisch nie in die Verantwortung genommen wird. Dabei war die Austro Control auch am sogenannten Fume Event einer Bombardier-Maschine der AUA mit 48 Insassen beteiligt. Dabei gelangte im Mai 2015 giftiger Rauch in die Kabine, die Piloten mussten sogar ihre Sauerstoffmasken aufsetzen – anschließend arbeiteten sie die entsprechenden Checklisten ab. Zwar gab es keine unmittelbar Verletzten, bei derartigen Fällen kann es aber auch später zu Klagen kommen.
Unter Punkt 2.2.1. des Berichts findet man einen interessanten Hinweis: Die Checklisten des Luftfahrtunternehmens (also der AUA) wichen von jenen des Herstellers Bombardier ab. Diese neuen Listen hatten dazu beigetragen, dass verstärkt ölhaltiger Rauch in die Luftfahrzeugkabine sowie in das Cockpit strömen konnte.
Giftiger Rauch
Genehmigt wurden die Checklisten, die toxische Vorfälle offenbar verstärken, von der Austro-Control. Doch weder bei den Ursachen, noch bei den Sicherheitsempfehlungen wird diese Tatsache im Bericht erwähnt. Dabei kann in solchen Fällen sogar ein sofortiges Flugverbot für die gesamte Flotte des betroffenen Flugzeug-Typs verhängt werden, bis das Problem behoben ist. "Nach Bekanntwerden wurde die Genehmigung für das Handbuch in der erweiterten Form entzogen", heißt es auf Anfrage im Verkehrsministerium. Und weiter: "Das Luftfahrtunternehmen hat die Handbücher wieder auf das Original-Handbuch des Luftfahrzeugherstellers umgestellt. Es gab somit keinen Anlass mehr für eine Sicherheitsempfehlung." In anderen Fällen wurde dies aber sehr wohl erwähnt.
Interessantes Detail: Die für die Bundesanstalt für Verkehr zuständige Sektionschefin im Ministerium, Ursula Zechner, sitzt auch gleichzeitig im Aufsichtsrat der Austro-Control. Im Verkehrsministerium sieht man dennoch keine Befangenheit: Zechner habe keine Möglichkeit, in die Formulierungen der Untersuchungsberichte einzugreifen, wird behauptet. Allerdings gab sie dem ORF zuletzt ein Interview über den Flug-Skandal.
"Wie im Hypo-Skandal"
Lesen Sie im Sonntags-KURIER: Neue Enthüllungen im Flug-Skandal.
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