Fall Oliver: Ein Jahr bedingt für dänischen Vater

APA13090804-2 - 06062013 - GRAZ - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT CI - Der angeklagte Kindsvater Thomas S. vor der Prozessneuauflage wegen Kindesentziehung und Nötigung im Fall Oliver am Donnerstag, 06. Juni 2013, am Straflandesgericht in Graz. APA-FOTO: ERWIN SCHERIAU
Vater des 6-Jährigen war in Graz wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung angeklagt.Oliver bleibt weiter in Dänemark.

Neuer Richter, gleiches Urteil: Der Vater des sechsjährigen Oliver ist am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht wegen schwerer Nötigung und Kindesentziehung wie beim ersten Verfahren im September zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt worden. Wie beim ersten vom Oberlandesgericht Graz aufgehobenen Urteil beruft der 42-jährige Däne dagegen. Wie nach dem ersten Urteil ist sein Kommentar knapp: „Ich bin enttäuscht. Aber ich muss jetzt heim, zu Oliver.“

Denn auch das vom neu eingesetzten Grazer Strafrichter Stefan Koller verhängte Strafmaß ändert nichts am Aufenthaltsort Olivers: Seit 3. April 2012 ist der Bub in Dänemark bei seinem Vater. Damals passte S. Olivers Mutter Marion Weilharter ab, als sie den Fünfjährigen in den Kindergarten in Graz brachte. „Er hat den Oliver von hinten gepackt, er war gefangen“, schildert Weilharter Donnerstag vor Gericht. Sie selbst sei von einem Begleiter des Dänen an das Auto gepresst worden. „Ich hab’ versucht, vorbeizukommen. Das hat nicht funktioniert. Ich hab’ nichts machen können. Ich hab’ gewusst, ich sehe mein Kind nie wieder.“

Kein Kontakt

Ein Mal hat die Grazerin Oliver seither gesehen, das war bei einer Zivilrechtsverhandlung vor einem dänischen Bezirksgericht Anfang September. Dazwischen habe es drei Sykpe-Kontakte und ein paar Telefonate gegeben. „Seit 13. Februar habe ich überhaupt kein Lebenszeichen mehr von ihm.“ Weilharters Anwältin Britta Schönhart formuliert schärfer. „Sie weiß nicht einmal, ob er noch lebt.“

Obsorge-Dschungel

Obwohl der Richter betont, dass dieser Prozess kein Obsorge-Verfahren sei, driftet die Verhandlung zwangsläufig in die Richtung ab. Das Strafverfahren ist eine Folge des Streits um das Sorgerecht für das Kind. Österreichische Mutter, dänischer Vater: Die Behörden beider EU-Staaten haben gegensätzliche Entscheidungen über die Obsorge getroffen. In Dänemark hält Thomas S. rechtskräftige Bescheide in Händen, in Österreich Marion Weilharter.

Nachdem die Grazerin mit Oliver 2010 Dänemark verließ, versuchte S., sein dänisches Obsorgerecht auch in Österreich durchzusetzen, stellte Rückführungsanträge. Er blitzte ab. Zuletzt im Februar 2012 vor dem Bezirksgericht Graz. „Es hat sechs negative Entscheidungen österreichischer Gerichte gegeben“, sagt Richter Koller. „Da haben Sie sich entschieden, zur Selbstjustiz zu greifen und sich den Oliver zu holen.“ Der Däne fühlt sich im Recht. „Ich finde es falsch, dass man mich für etwas bestraft, was nach dänischem Recht nicht gesetzwidrig ist.“

Die widersprüchlichen Entscheidungen zweier EU-Staaten wegen der Obsorge wertet der Richter zu Gunsten des Angeklagten und spricht die Haft deshalb bedingt aus. „Das Hauptproblem kann ich nicht lösen“, betont Koller. „Der Oliver hat Vater und Mutter, er hat aber massive Probleme beim Kontakt zu beiden Elternteilen.“

Mutter will Schmerzensgeld

Nicht gerade zur Entspannung der Situation trugen die finanziellen Forderungen von Marion Weilharter bei, die nun vom Vater des Buben 183.000 Euro möchte. Schmerzensgeld, Verdienstentgang, Anwalts- und Reisekosten machte sie geltend. Doch wie sich herausstellte, hatte sie bereits seit ihrer Rückkehr nach Österreich - sie hatte ihrerseits 2010 den Buben von Dänemark nach Österreich gebracht - nie gearbeitet.

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