Fall L.: "Der eigene Arzt treibt dich in Suizid"

Ein Arzt ist angeklagt, seine Kinder medikamenten- bzw. drogenabhängig gemacht zu haben.
Der Fall um den steirischen Arzt L. geht weiter, als die Anklage verrät - Vergewaltigungsvorwurf und mysteriöser Tod.

Sie sitzt beim Esstisch, zieht die dicke Jacke bis oben zu und verschränkt die Arme ganz fest. "Mir geht’s um Gerechtigkeit", sagt Katrin (Name geändert) und fängt an, in einem Berg von Akten zu blättern. Sie zieht ein einzelnes Blatt aus den Hunderten hervor. "Schauen Sie. Eingestellt."

2014 zeigte Katrin ihre Vorwürfe an: Mehrfache Vergewaltigung, Drohungen, Aufforderungen, doch in einen gemeinsamen Suizid zu gehen. "Er hat das 'Tod der Liebe' genannt und gesagt, wir sollten gemeinsam von einer Brücke springen. Der eigene Arzt treibt dich in den Suizid. Das ist ja Wahnsinn."

Er, das ist ihr Hausarzt: Jener Dr. L. aus der Steiermark, gegen den ein Strafverfahren wegen Quälens seiner vier Kinder läuft. Dieser Arzt kannte Katrin, seit sie fünf oder sechs Jahre alt war. Mit 24 begann sie nach einem Todesfall depressiv und in Behandlung eine Affäre mit ihm. Anfangs aus freien Stücken, später sei sie nur noch aus Angst dabei geblieben.

Kopfschuss

Katrin blättert weiter in ihren akribisch geordneten Unterlagen. "Ich hab’ immer Angst davor, dass ich dabei auf die Bilder vom Papa stoße. Die kann ich nicht sehen." Katrins Vater starb am 25. September 2014. Man fand ihn mit einer Schusswunde im Kopf, die Waffe daneben. Suizid, befanden die Ermittlungsbehörden.

Katrin zweifelt daran. Ihr Vater hatte zu diesem Zeitpunkt einen Arm gebrochen, den anderen konnte er nach einer Gelenksoperation nur zur Hälfte heben. "Wie hätt’ er sich da in den Kopf schießen sollen?" Schmauchspuren an den Händen aus der Tatwaffe, einer Unceta Cia-Guernica, Kaliber 6,35 mm, wurden auch nicht gefunden. Tatsächlich war das auch für die Staatsanwaltschaft ein Rätsel man ermittelte gegen unbekannte Täter wegen des Verdachts der Mitwirkung an Selbstmord. Ergebnislos, Ermittlung abgebrochen, Aktendeckel zu.

Und was hat das alles mit Dr. L. zu tun, dessen Praxis gleich nebenan liegt?

Die Tatwaffe gehörte ihm.

Im Vorverfahren sagte er, sie müsse halt "irgendwie" in das Nachbarhaus gelangt sein. Katrin will sich damit nicht zufriedengeben. Kurz vor seinem Tod sei ihr Vater bedroht worden: Er solle wegziehen. Und wer soll gedroht haben? Jene neue Geliebte des Arztes, die später eine Geldbuße bekam. "Und dann liegt der Papa drei Tage später erschossen da", sagt Katrin. "Der Papa, der immer alles gewusst hat von der Geschichte. Der Papa, der immer gesagt hat, solange ich leb’, tut dir der Zigeuner da drüben (gemeint war der Arzt, Anm.) nichts."

Eineinhalb Jahre lief das zwischen Katrin und dem Herrn Doktor. Warum so lange? Katrin überlegt kurz. "Er ist manipulativ. Er kann dir die Realität ausreden, er redet dir eine rote Ampel grün." Katrin hofft, dass ihr Verfahren wieder von der Justiz aufgenommen wird. "Die Behörden haben bisher versagt", glaubt sie. "Jeder andere geht da drei Mal ins Gefängnis."L. Anwältin gab auf Anfrage des KURIER keine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen ab.

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