Der Bodyguard des Kriegsverbrechers

Ex-Offizier von Ratko Mladic und Admiral Beara hat Angst, nach Bosnien zurückzukehren.

Der 44-jährige Bosnier Emir J. war während des Bosnien-Krieges als Offizier der serbischen Militärpolizei für die Sicherheit der Massenmörder Ratko Mladic und Ljubiša Beara zuständig. Jetzt lebt er in Salzburg und klagt die Republik Österreich auf Asyl, weil er sich zu Hause nicht mehr sicher fühlt. In der ersten Runde hat er recht bekommen.

Als der Muslim Emir J. 1987 bei der damaligen Jugoslawischen Volksarmee als Berufssoldat anheuerte, war seine Religion noch egal. In seinem Bataillon der Militärpolizei (MP) dienten Kroaten, Serben, Bosniaken und Albaner. Die Religion interessierte niemand. Sein Chef, Admiral Ljubiša Beara, hatte in alter Tito-Tradition ebenfalls kein Problem damit.

Sie überstanden gemeinsam den Krieg in Slowenien und Kroatien. Auch 1992, als die Situation in Ost-Bosnien eskalierte, änderte sich nichts daran. Im Gegenteil: Nachdem die muslimische Familie des Militärpolizei-Leutnants Emir J. in seinem Heimatort Bratunac zwischen die Fronten geraten war, kommandierte der Admiral einen MP-Trupp dazu ab, Bruder, Schwester, Mutter und Großmutter in einer wilden Kommandoaktion über die Drina in Sicherheit zu bringen. Diese Aktion sollte später beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag noch eine Rolle spielen.

Eliminieren

Nach dem Rückzug der offiziellen Jugoslawischen Volksarmee aus Bosnien fand sich Admiral Beara plötzlich im Führungsstab der international nicht anerkannten Armee der bosnischen Serben unter dem Kommando des Generals Ratko Mladic wieder. Mladic war besessen, alle Muslime in Bosnien zu eliminieren, um ein Groß-Serbien zu schaffen. Wieder mit dabei war der MP-Leutnant Emir, der nun laut eigenen Angaben mit seiner Truppe für den Personenschutz beider Generäle zuständig war.

1995 kam es in Srebrenica, einem Nachbarort von Bratunac, zum Massaker. Unter der Führung von Mladic und Beara ermordeten bosnisch-serbische Soldaten bis zu 8000 männliche Bosniaken. Es war das größte Kriegsverbrechen in Europa nach dem 2. Weltkrieg. Da will aber Emir J. nicht dabei gewesen sein.

Mladic und seine Komplizen wurden vom UNO-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien (ICTY) zur Fahndung ausgeschrieben, konnten sich aber 15 Jahre mit der Unterstützung serbischer Kreise verstecken.

Auch für den "Bodyguard" Emir J. wurde die Situation im Lande ungemütlich, wie er später beim österreichischen Asylamt behauptete. Als Muslim, der serbische Verbrecher beschützte, brauchte er in der eigenen Volksgruppe nicht mehr auf Sympathie hoffen. Und bei den Serben hatte er als Muslim sowieso schlechte Karten.

Attentate

Er gibt an, dass im Mai 2000 sein Auto mit einer Handgranate gesprengt worden und er selbst in einem Café in Sarajevo attackiert und verletzt worden sei. Im Krankenhaus von Sarajevo habe jemand auf ihn geschossen. Sogar noch zwei Jahre nach seiner Flucht wäre auf das Auto seines Vaters ein Brandanschlag verübt worden.

Im Jahr 2004 richtete sich die Politik Serbiens nach Europa aus. Der international gesuchte Beara wurde von den serbischen Behörden gezwungen, sich "freiwillig" dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu stellen.

Mit der Beschlagnahme seines Vermögens begann in Serbien die Jagd auf Mladic im Jahr 2006. Gegen Emir J. liegt zwar offiziell nichts vor, aber der setzte sich gleichzeitig nach Österreich ab. Hier stellte einen Asylantrag. Die Begründung: Wegen seiner Tätigkeit bei der Armee würde er in Bosnien-Herzegowina als Verräter angesehen und mit dem Tod bedroht. Er habe sich zwar an die Polizei um Hilfe gewandt. Dort sei ihm aber nur gesagt worden, er müsse nun verantworten, was er getan habe.

Das Bundesasylamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, Bosnien sei ein sicherer Drittstaat und das angebliche Fehlverhalten einzelner Polizisten sei nicht geeignet, den Unwillen des gesamten Herkunftsstaates zur Schutzgewährung zu behaupten.

Dagegen klagte Emir J. beim Verwaltungsgerichtshof, und bekam recht – allerdings nur aus formalrechtlichen Gründen. Der Fall muss vom Bundesasylamt neu aufgerollt werden. Ob Emir J. dann recht bekommt, ist fraglich. Bis es so weit ist, bleibt er noch in der Grundversorgung, sein Rechtsanwalt wird von einer NGO bezahlt.

UNO-Tribunal

Ein kurzes Wiedersehen mit seinem ehemaligen Chef hatte Emir J. noch einmal beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, wo er als Zeuge der Verteidigung für Ljubiša Beara auftrat. Die Evakuierung seiner Familie sollte beweisen, dass Beara kein pathologischer Muslim-Hasser sei. Beara wurde dennoch für seine Beteiligung am Völkermord zu lebenslanger Haft verurteilt.

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