Es hilft nichts, Kärnten schrumpft

Die Jungen gehen, die Alten bleiben. Kärnten "leidet" an Überalterung
Nur im südlichsten Bundesland wandern mehr Menschan ab als zu.

Die Geschichte wiederholt sich jedes Jahr Ende November: da veröffentlicht die Statistik Austria Prognosen zur demografischen Entwicklung. Und demnach wächst Österreich, wachsen alle Bundesländer stetig weiter. Alle bis auf Kärnten. Dort werden dann stets neue Initiativen gesetzt, um den Trend zu verlangsamen oder ihn gar umzukehren. Wissenschafter betonen jedoch, dass Letzteres illusorisch ist.

Die nackten Zahlen: Österreich wächst jährlich um durchschnittlich 16.200 Personen. 2030 beheimatet die Nation voraussichtlich 9.331.401 Menschen, im Jahr 2100 sogar 10.101.220. Bis 2030 gibt es auch für Kärnten eine positive Prognose, die Zahl der Bürger wird auf 563.480 ansteigen. Doch dann zeigt der Trend in die Gegenrichtung.

Das Dilemma hat vielerlei Gründe, denn in Kärnten – und nur da – werden alle Faktoren tragend, die demografische Verlierer ausmachen. "Im Jahr 2016 wanderten 10.548 Personen von Kärnten in andere Bundesländer ab, und nur 6777 zu", erwähnt Landesstatistikerin Angelika Sternath den Knackpunkt, in der Fachsprache unter "negative Binnenwanderung" bekannt.

Wien, City der Kärntner

Die Steiermark und Wien entpuppen sich als Hauptziele. "Es handelt sich primär um junge Personen, die eine Ausbildung machen, von zu Hause weg und die Großstadt erleben wollen, dann aber nicht zurückkommen", erklärt Volkswirt Robert Klinglmair von der Uni Klagenfurt. Wien (dort leben 24.360 Kärntner) ist nach Klagenfurt (99.790), Villach (61.662) und Wolfsberg (25.042) wenn man so will die "viertgrößte Stadt Kärntens".

Und weil die jungen Kärntner ihrer Heimat den Rücken zukehren, leidet der Süden zunehmend an Überalterung: Im Jahr 2060 ist jeder dritte Kärntner ein Pensionist, sofern man dann mit 65 noch die Rente antreten wird können. Die negative Geburtenbilanz (Geburten in Verhältnis zu Sterbefällen) steigt indes in Kärnten von minus 1089 auf 3256 im Jahr 2030. "Weil in Kärnten zusätzlich der Zuzug vom Ausland unterdurchschnittlich ist, kann die negative Geburtenbilanz nicht wettgemacht werden. Menschen aus dem Ausland gehen ebenfalls eher in andere Bundesländer", sagt Sternath.

Den Anreizen zum Trotz

Nun gibt es in Kärnten zahlreiche Initiativen, um Anreize für Familien, junge Menschen und Akademiker zu schaffen (siehe unten). Laut Sternath könnten diese den Negativtrend wohl abschwächen, aber nur schwer umkehren. Klinglmair legt sich sogar fest: "Kärnten wird weiterschrumpfen – auch wenn sich die Rahmenbedingungen sichtlich verbessern." Er nennt den Arbeitsmarkt, der sich dynamischer entwickle als in Restösterreich. Er nennt die Konjunktur (Im Bundesländervergleich des WIFO-Institutes weist Kärnten mit 4,7 Prozent im Bruttowachstum die höchste Steigerung aller Bundesländer im 1. Halbjahr 2017 auf). Aber all das wirke sich nur marginal aufs Bevölkerungswachstum aus.

Und wenn an weiteren Schrauben gedreht würde? Dass Kärntner zum Studium in andere Bundesländer gehen, lasse sich nicht verhindern, ist Klinglmair überzeugt. Auch Anreize wie eine eventuelle Wiedereinführung des Babygeldes würden zwar wirken, jedoch nicht entscheidend. Klinglmair: "Dann würde die Fertilitätsrate bei Kärntnerinnen vielleicht von derzeit 1,5 auf 1,6 Prozent steigen, aber selbst das kann die Überalterung nicht stoppen."

Um Kärnten als Lebensmittelpunkt und Wirtschaftsstandort zu attraktivieren, wurden Landes-Maßnahmen eingeleitet und Initiativen gegründet:
- Das Land hat 1425 neue Kinderbetreuungsplätze seit dem Jahr 2013 geschaffen.
- Schulzentren in Kombination mit Horten wurden installiert. Dass jede Gemeinde fix einen Schuldstandort hat, ist gesetzlich gesichert.
Investitionen in die Infrastruktur (Breitbandausbau, Anbindung an internationale Verkehrswege) wurden getätigt.
- Ein Bürokratieabbau für schnelle Behördenverfahren bei Betriebsansiedelungen wurde realisiert.
- Gesetzt wurden Beschäftigungsinitiativen wie die Förderung von Jung-Akademikern: Betriebe, die einem Kärntner Jungakademiker nach dessen Studium außerhalb von Kärnten für mindestens ein halbes Jahr einstellen, erhalten eine Förderung von 18.000 Euro.
- „Junge Kärntner in Wien“ ist ein Verein, der Studenten ein Netzwerk bietet. Im Idealfall ebnen diese Kontakte den Weg für eine berufliche Zukunft in Kärnten.
- Seit zwei Jahren gibt es die „Initiative für Kärnten“. Auch sie versucht, gut ausgebildeten Kärntnern die Rückkehr schmackhaft zu machen. Promis wie Monika Kircher, Christoph Kulterer, Christof Zernatto oder Hans Schmid fungieren als Mentoren.

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