"Er hätt’ noch viel geben können"

Gedenken an Hannes Arch in Trofaiach
Schon zu Lebzeiten bekam Hannes Arch in Trofaiach ein Denkmal. Dort gedenken seiner die Mitbürger.

Ein winziger Hubschrauber aus Plastik steht da, ein Kinderspielzeug. Drumherum Blumen und Dutzende Kerzen: Bereits als Freitagfrüh die ersten Nachrichten Hannes Archs Tod meldeten, machten sich die ersten Trofaiacher auf zum Denkmal, das ihr bekannter Mitbürger schon zu Lebzeiten in seiner Heimatstadt bekommen hat: Handabdrücke und eine Unterschrift in Beton, eingelassen auf dem Hauptplatz der obersteirischen Kleinstadt.

"Wir können das alle noch gar nicht glauben", seufzt Bürgermeister Mario Abl. "Die ganze Stadt ist in Gedanken bei ihm und seinen Eltern." Nie habe Arch auf Trofaiach vergessen, seinen Ort zum Loslassen: "Mein Platz zum Entschleunigen ist zu Hause, bei meinen Eltern. Da kann ich mich fallen lassen", gab Arch vor einigen Monaten in einer ORF-Sendung zu, die er gemeinsam mit Pfarrer Johannes Freitag bestritten hatte.

Geburtstag in elf Tagen

Der Trofaiacher Pfarrer hat in der Kirche ein Foto Archs aufgestellt. In der heutigen Sonntagsmesse werde er "natürlich auch den Hannes miteinschließen. In dieser Kirche haben wir ja über Gott und die Welt geredet." Freitag beschreibt Arch als einen "wahnsinnig reflektierten Menschen. Er hat einmal zu mir gesagt, dass er weiß, dass er wie ein Produkt ist. Nur wenige haben ihn als Menschen gekannt." Arch hätte in elf Tagen seinen 49. Geburtstag gefeiert.

Derweil wächst das Kerzenmeer auf dem Hauptplatz. Ein Pärchen aus Hieflau in Radfahrermontur holt eine mitgebrachte Kerze aus dem Rucksack. "Wir haben ihn zwei oder drei Mal auch live gesehen, wie er geflogen ist", erinnert sich der 47-Jährige. "Das war so perfekt getimt. Dass einer wie er bei einem Absturz stirbt, kann ich noch immer net glauben." Eine Pensionistin aus Trofaiach legt Blumen nieder. Sie schildert, dass ihr Enkel vernarrt in Arch gewesen sei. "Immer wieder wollt’ er ein Autogramm. Wenn der Hannes da war, hat er auch immer neue geschrieben."

Wrack geborgen

In Kärnten versuchen unterdessen die Behörden, herauszufinden, weshalb Archs Helikopter in den Hohen Tauern kurz nach dem Start gegen eine Felswand geprallt ist (siehe auch Zusatzbericht). Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ließ das Wrack beschlagnahmen, nachdem es gestern Vormittag geborgen werden konnte. Morgen, Montag, soll es nach Wien überstellt werden.

Experten werden laut Verkehrsministerium zunächst überprüfen, ob technisches Versagen vorliegt. Die Flugunfallkommission prüft aber auch die Umstände darüber hinaus. Unter anderem geht es um die Lichtverhältnisse während des Nachtfluges.

Auch die Befragungen des schwer verletzten Überlebenden haben bereits begonnen: Der 62-jährige Hüttenwart aus Deutschland flog mit Arch von der Elberfelder-Hütte weg. Allerdings hätten sich aus den Beobachtungen des Mannes "keine eindeutigen Hinweise auf die Unfallursache ergeben", bedauert Polizist Johann Reiter. "Da wird es um eine Summe von Faktoren gehen, oft reichen ein paar Kleinigkeiten."

Schwarze Fahne

Zurück nach Trofaiach. Am Rathaus wurde die schwarze Fahne gehisst: Arch hatte nicht nur ein Denkmal in der Heimatstadt, sondern war auch seit 2008 deren Ehrenbürger. Auch Bauland besaß er hier und sogar einen kleinen Landeplatz. Fest steht mittlerweile, dass Arch im engsten Familienkreis in seiner Heimatstadt beerdigt werden soll.

Offen ist noch, ob in Trofaiach eine Art öffentliche Gedenkmesse stattfinden wird. "Der Hannes hätt’ noch so viel geben können", ist Pfarrer Freitag überzeugt. "Es ist ein Leid. Da haben Eltern ihr Kind, eine Schwester ihren Bruder verloren. Dieses öffentliche Schicksal steht für viele, die nicht bekannt werden."

Der Freundschaftsdienst für einen Hüttenwirt kostetet Hannes Arch in der Nacht auf Freitag das Leben. Dabei hätten derartige Flüge offenbar der Beginn seiner zweiten Karriere werden sollen: Erst am 4. Mai hatte der 48-jährige Kunstflieger seine neue Firma angemeldet, die Airpro GmbH.

Liest man die dazupassende Notariatserklärung, dann wird rasch klar, dass Arch hier etwas Größeres plante – er ließ Raum für zusätzliche Gesellschafter. Die dafür notwendigen 35.000 Euro Stammkapital zahlte er bar.

Wollte Arch auch Lastenflüge durchführen, dann wären zuvor 300 Flugstunden notwendig. Das könnte einer der möglichen Gründe gewesen sein, warum er dem Hüttenwirt unentgeltliche Versorgungsflüge anbot. Diese Flüge hatte Arch im April offiziell genehmigen lassen, bestätigt Albert Kreiner, Leiter der zuständigen Abteilung 7 (Wirtschaft, Tourismus, Infrastruktur und Mobilität) im Amt der Kärntner Landesregierung. Für Landungen im Nationalpark gebe es naturschutzrechtliche Bestimmungen – allerdings hängen die davon ab, wo genau die Landung vorgesehen ist. Es ist davon auszugehen, dass diese erfüllt wurden.

Ein Nachtflug im Gebirge ist allerdings ein ziemliches Risiko. Arch sei aber öfters an Orte geflogen und dann spät Abends in der Dunkelheit aufgebrochen, erinnert sich ein Flug-Kollege: "Man musste ihn immer wieder mal antreiben, damit er rechtzeitig nach Hause fliegt."

Grenzgänger

Dass das irgendwann einmal schief geht, das hatten offenbar viele befürchtet. Doch Arch war ein Grenzgänger, der auch mit dem illegalen Unterfliegen von Brücken für Aufsehen sorgte. Das brachte ihm Berühmtheit, aber auch Skepsis in der Pilotenschaft ein, wie man hinter vorgehaltener Hand hört.

Der Helikopter Robinson R66 war jedenfalls auf Arch als Privatmann angemeldet. Mit seiner neuen Firma hätte er so einen Flug nicht durchführen dürfen, da eine Gewerbeberechtigung fehlte. Die Airpro darf nur für Flugshows Material bestellen, aber keine Transporte durchführen. Privat durfte Arch fliegen, aber offenbar nicht gewerblich.

Die genauen Umstände des Unfalls werden nun von der Fluguntersuchungsstelle des Verkehrsministeriums untersucht. Vor dem Jahr 2018 ist nicht mit einem Abschlussbericht zu rechnen.

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