Eine Mio. Österreicher sind von Armut bedroht

ARCHIV - ILLUSTRATION - Eine 83-jährige Frau hält am 17.03.2013 in Würzburg (Bayern) verschiedene Euromünzen. Das Statistische Bundesamt stellt am 27.03.2013 einen Bericht zur Armutsgefährdung und Einkommensungleichheit in Europa vor. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Rund 200.000 gehen arbeiten und sind trotzdem arm.

1,05 Millionen Österreicher waren im Jahr 2011 armutsgefährdet. Dies geht aus der am Freitag veröffentlichten Österreich-Auswertung des EU-Sozialberichts SILC hervor, der die aktuellsten Zahlen zum Thema versammelt. Zählt man noch Personen, die unter sogenannter "materieller Deprivation" leiden sowie jene, die kaum oder gar nicht erwerbstätig sind, hinzu, gelten 1,4 Millionen als "armuts- oder ausgrenzungsgefährdet". Generell zeigen die vorgelegten Zahlen eine stabile Datenlage, im Langzeitvergleich seit 2008 gab es einen Rückgang, wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) bei einer Pressekonferenz ausführte.

Als Schwelle für die Armutsgefährdung gilt ein Haushaltseinkommen von 1.066 Euro (zwölf Monate) für Alleinlebende (pro Kind werden 320 Euro dazugezählt, pro weiterem Erwachsenen 533 Euro). Unter "erheblicher materieller Deprivation" leiden Personen, die wesentliche Grundbedürfnisse kaum oder gar nicht stillen können, dazu zählen etwa eine Urlaubswoche pro Jahr oder eine geheizte Wohnung. Wer über der Armutsgrenze lebt, aber davon betroffen ist oder kaum oder gar nicht arbeitet, ist für die Statistiker "ausgrenzungsgefährdet".

Rückgang

Die Gesamtzahl von 1,4 Millionen ist gegenüber dem Jahr 2010 um 34.000 Personen angestiegen. Dies liegt aber laut Statistik Austria, die den Bericht im Auftrag des Sozialministeriums erstellte, innerhalb der statistischen Schwankungsbreite. Signifikant sei im Langzeitvergleich zu 2008 dagegen ein Rückgang um 125.000 Personen. Dieses Jahr ist deswegen von Belang, als die EU damals ihre sogenannte "2020-Strategie" zur Armutsbekämpfung beschloss. Armut ist aber offensichtlich ein komplexeres Phänomen geworden: Wie die Statistik Austria ausführt, waren 2011 388.000 Personen mehrfach von diesen Problembereichen betroffen. 2004, als der EU-SILC erstmals erstellt wurde, waren es "nur" 282.000 Personen.

Österreich sei aber jedenfalls auf gutem Weg, hielt Hundstorfer in Bezug auf die EU-weit angepeilten Ziele fest: Bis 2018 will Österreich demnach die Gesamtzahl der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten um 235.000 Personen verringern. Mit 125.000 Personen weniger zum Stand 2011 sei man "einer der wenigen EU-Staaten, die das gemeinsame Ziel auch tatsächlich umsetzen". Wichtigster Hebel für die weiteren Bemühungen sei die Beschäftigungspolitik: Erwerbstätigkeit verringert die Armutsgefährdung, lautet die Formel.

Rund 200.000 "Working poor"

Wobei auch Österreich seine "Working poor", also Personen, die trotz Job arm sind, hat: 5,4 Prozent der Erwerbstätigkeiten bzw. 198.000 Personen betrug er 2011. Mit ein Grund seien auch die insgesamt 900.000 Teilzeit-Beschäftigungsverhältnisse, so Hundstorfer. "50 Prozent" von ihnen seien "unfreiweillig", und "dieser Anteil der Unfreiwilligen soll nicht wachsen". Unterstützt wurde er darin von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (S), die schon lange vor der Teilzeitfalle vor allem zu Frauen, die letztendlich zu Altersarmut führe, warnte.

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