Ein schlankes, steirisches Olympia

Ein schlankes, steirisches Olympia
Olympische Spiele in der Steiermark sollen "schlank" sein – doch Kostenkalkulationen halten selten.

Ein Plus kann auch negativ auffallen. Auf einer Abrechnung etwa macht sich ein Plus überhaupt nicht positiv, wenn es vor den zu bezahlenden Kosten steht. Das musste die öffentliche Hand beispielsweise nach der Alpinen Ski-WM in Schladming feststellen, die 2013 stattfand: Die benötigte laut Rechnungshof nicht wie veranschlagt 190 Millionen Euro Zuschuss, sondern 246 Millionen – das war ein fettes Plus von rund 30 Prozent.

Großprojekte halten finanziell selten, was die Organisatoren zuvor versprechen. Das war nicht nur bei der Ski-WM so. Die Kosten für die neue Patscherkofelbahn inklusive weiterer Attraktivierungsmaßnahmen für den Berg in Innsbruck wuchsen von 41 auf 55 Millionen Euro. Der Bau der Seebühne am Wörthersee in Klagenfurt kostete vier Millionen Euro, später wurde sie um 70.000 Euro verschrottet.

Fette Erhöhung

Mit dem Wörtersee-Stadion schlug Kärnten sowieso jeden Ökonomen in die Flucht: Der Bau brachte es auf eine Abrechnungssumme von 96 Millionen Euro um satte 43 Prozent mehr als veranschlagt. "Graz03", das Kulturhauptstadt-Spektakel 2003, blieb zwar im geschätzten Kostenrahmen, doch die finanziellen Folgen benötigter Bauten und Behübschungen war in den folgenden Stadtbudgets deutlich zu spüren.

"Es gibt die Tendenz, Kosten zu unterschätzen", sagt Professor Michael Steiner vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Grazer Universität. "Ein impliziertes Bluffen, das möglicherweise gut gemeint ist, ist bei solchen Projekten meistens dabei."

Einen Kosten-Bluff vermuten Skeptiker auch bei dem Coup, den die Bürgermeister von Graz und Schladming, Siegfried Nagl und Jürgen Winter, planen: Olympische Winterspiele 2026 (siehe Zusatzbericht). Nagl geht von 1,2 Milliarden Euro für die Durchführung aus und verspricht, das einzuhalten. Nicht nur die politische Konkurrenz ist skeptisch. Auch Volkswirt Steiner glaubt nicht, dass so eine Rechnung aufgeht. "Kommt die öffentliche Hand auf Null heraus? Eher nicht", betont Steiner. "Meistens sind am Schluss die Kosten höher. Das liegt an der Unterschätzung, einer gewissen Eigendynamik und wachsenden Begehrlichkeiten. Außerdem kann man 2018 nicht realistisch sagen, was das 2026 kosten wird."

Steiner hat Erfahrung mit der Kostenplanung rund um Olympische Winterspiele: Er war 1994 einer der beiden Autoren jener Studie, die die steirische Bewerbung für die Winterspiele 2002 ökonomisch durchleuchtete. Damals wurde angenommen, dass die operativen Kosten für die Spiele zu 20 Prozent von der öffentliche Hand kommen.

"Schlanke" Spiele

Noch nicht mitgerechnet waren damals – und sind auch heute nicht – jene Kosten, die nötig sind, um die Spiele überhaupt durchführen zu können: "Das IOC will ja ein bisserl was, ein Medienzentrum, ein olympisches Dorf", zählt Steiner auf. "Die Frage ist: Lassen sich die Spiele schlank gestalten?"

Kosten seien aber nur ein Teil der Rechnung, erinnert Steiner. "Großveranstaltungen motivieren natürlich, das ist eine Imagesache." Innsbruck wäre weltweit ohne die Winterspiele von 1964 und 1976 nicht so bekannt, Schladming habe durch die WM einen Impuls bekommen, Graz sei durch das Kulturhauptstadt-Jahr 2003 deutlich bekannter geworden. "Außerdem kann man auch sagen, solche Großveranstaltungen sind ein Beschleuniger für Investitionen, die es sowieso irgendwann geben muss, wie Straßenprojekte oder der Ausbau des Kommunikationsnetzes."Oder schlicht Badezimmer: Eines der Kunstprojekte von "Graz03" war der Einbau von Nasszellen in Gemeindewohnungen für die Mieter eindeutig ein Plus.

Der Kärntner Landeshauptmann schaut wohlwollend auf die steirischen Pläne: Peter Kaiser, SPÖ, lässt seinen Landessportdirektor bereits auflisten, welche Kärntner Sportstätten für die Winterspiele 2026 in Frage kämen. Auch Tiroler Gemeinden hoffen, mitspielen zu dürfen: Hochfilzen beispielsweise könnte die Biathlon-Bewerbe austragen.
Allein in der Steiermark wollen die Olympischen Ringe nicht ganz so glänzen, wie es Siegfried Nagl und Jürgen Winter, beide ÖVP, gerne sähen. Die Bürgermeister von Graz (Gastgeberstadt) und Schladming haben keine finanzielle Rückendeckung von der Landesregierung, wenn es um die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2026 geht.
Dennoch steht der Fahrplan bereits fest: Am 15. März beschließt der Gemeinderat den sogenannten „Letter of Intent“ an das Internationale Olympische Komitee (IOC), bis 31. März muss die Absichtserklärung eingelangt sein. Für diesen Beschluss reichen die Stimmen der ÖVP-FPÖ-Mehrheit.
Danach wird eine Machbarkeitsstudie erstellt, sie soll bis Juni fertig sein. Im Oktober gibt das IOC bekannt, ob es Graz-Schladming unter die offiziellen Kandidaten geschafft hat. Bisher sind als mögliche Mitbewerber nur Sion (Schweiz) und Salt Lake City (USA) aus der Deckung gegangen.

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