Dschihadisten beschäftigen Österreichs Behörden

100 Ermittlungsverfahren - Verdächtige werden durchleuchtet. Keine Bestätigung, ob ein Mädchen zurück will

Der heimische Verfassungsschutz und die Staatsanwaltschaften sind mit einer Flut an Verfahren gegen mutmaßliche Dschihadisten, deren Freunde und Unterstützer konfrontiert. Das ergibt sich aus einer Bilanz des Innenministeriums: Derzeit laufen knapp 100 Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Dschihadisten. Das gab das Innenministerium am Montag der APA bekannt.

"Unser Staatsschutz hat gegen sämtliche Syrienreisende Maßnahmen eingeleitet", erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Gegen sie besteht der Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.

Hohe Aufmerksamkeit schenken die Ermittlungsbehörden den Rückkehrern. Rund 60 sind laut Behörden-Information aus dem Kriegsgebiet nach Österreich zurück gereist. "Ausnahmslos jeder" werde angezeigt. Darüber hinaus durchleuchten die Staatsschützer auch das Umfeld jedes einzelnen Heimkehrers. Deren radikale Freunde und Unterstützer würden einvernommen und ebenfalls "ausnahmslos" angezeigt werden.

Wichtige Informanten für die Behörden kämen laut dem Innenministerium aus dem Kreis der "überwiegenden Mehrheit der gemäßigten Moslems". Die Innenministerin warnte "neuerlich davor, eine ganze Religionsgemeinschaft zu verunglimpfen und Übergriffe auf Unschuldige zu provozieren".

Schwierige Verfahren

Auf die Behörden warten aufwendige Verfahren: Denn sie müssen nachweisen, dass sich die Heimkehrer an Kampfhandlungen beteiligt bzw. einer Terrormiliz wie dem Islamischen Staat angeschlossen hatten.

Wie schwer das sein kann, zeigte der Fall von Osman K. Vieles sprach dafür, dass der 20-Jährige in Syrien in einem Terror-Camp war. Er prahlte auf Facebook damit, hatte eine syrische Geldnote in einem Koran bei sich, war laut einem – vom Verfassungsschutz aufgezeichneten – Chat-Protokoll von der arabischen Tastatur vor Ort überfordert. Ein stichfester Beweis, dass er sich an der Waffe ausbilden ließ, fehlte aber. Dem Gericht reichten allerdings die Indizien. Der Malerlehrling fasste 21 Monate unbedingte Haft aus.

Für Schlagzeilen in der internationalen Presse sorgte eine Meldung der Gratiszeitung Österreich: Eines der beiden Mädchen, die mutmaßlich in Syrien im Heiligen Krieg sind, wolle heimkehren. Internationale Medien übernahmen die Meldung. Auf KURIER-Anfrage erklärt Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck: "Dafür gibt es keine Bestätigung." Es gebe aus "grundsätzlichen Überlegungen keinen Kommentar zu Einzelfällen".

Obwohl Grundböck sich dazu nicht äußert, liegt das Kalkül auf der Hand: Denn vor allem der Islamische Staat scheint ein ausgeprägtes Medien-Screening zu haben. Je prominenter über Einzelfälle berichtet wird, umso wertvoller sind die Betroffenen für die Propaganda – und umso unwahrscheinlicher ist eine Heimreise.

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