Drei Tote in Tirol: Küchenmesser war Tatwaffe

Drei Tote in Tirol: Küchenmesser war Tatwaffe
Ein Vater und seine zwei Söhne wurden am Montag im Bezirk Kufstein mit Stichverletzungen aufgefunden. Als Täter wird der 51-Jährige vermutet.

Ein furchtbares Bild bot sich Polizisten, Notarzt und Sanitätern, als sie am Montag gegen 17.30 Uhr das Wohnhaus im Tiroler Thiersee (Bezirk Kufstein) betraten: Im Parterre fanden sie den Leichnam eines Jugendlichen, im ersten Stock stießen sie dann auf zwei weitere tote Männer. Alle drei Toten wiesen Schnitt- und Stichverletzungen auf. Die Polizei ging recht schnell davon aus, dass es sich bei den Opfern um einen 51-jährigen Vater und seine Söhne im Alter von 13 und 22 Jahren handelte. Wer die Handlungen gesetzt hat und auch die Hintergründe waren vorerst jedoch noch unklar.

Seither liefen die Ermittlungen auf Hochtouren, am Tatort im Ortsteil Hinterthiersee waren Spurenermittler im Einsatz, während mehrere Menschen in einem Nachbarhaus psychologisch betreut wurden.

Tatwaffe Küchenmesser

Am Dienstag gab die Polizei schließlich bekannt, dass der 51-jährige Vater seine beiden Söhne getötet haben dürfte.Wie Chefermittler Christoph Hundertpfund erklärte, deuten Spuren auf heftige Gegenwehr des 13- und des 23-Jährigen hin. Die Tatwaffe, ein Küchenmesser, sei mittlerweile sichergestellt worden.

Vermutlich bereits um 7.00 Uhr am (gestrigen) Montag dürfte es in der Küche zu der Attacke des Tirolers auf seinen jüngeren Sohn gekommen sein. Dort stellte die Polizei deutliche "Kampfspuren" fest. Offenbar konnte der Bub sich zunächst aus der Küche retten. Seine Leiche wurde im Vorraum gefunden. Der 23-Jährige wurde im ersten Stock von seinem Vater offenbar im Bett überrascht. Auch dort gab es "Kampfspuren", so die Kriminalisten, der junge Mann dürfte sich ebenfalls gewehrt haben. Seine Leiche weist mehrere Stichverletzungen im Brust-, Bauch- und Rückenbereich auf.

Obduktion

Der 51-Jährige wurde von der Polizei in der Badewanne gefunden. Das Tatmesser lag unter der Leiche. Auch der Körper des Vaters weist zahlreiche Stichverletzungen auf. Die genaue Todesursache soll bei der seit den Vormittagsstunden in Innsbruck laufenden Obduktion geklärt werden. Rätselraten gab es über das Motiv. Ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden.

Die Mutter befinde sich "seit einiger Zeit" in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Sie sei von der Polizei noch nicht kontaktiert worden. Man werde die Frau "zu gegebener Zeit" befragen, sagte Hundertpfund.

Fassungslosigkeit im Ort

In Hinterthiersee herrschte am Dienstag Fassungslosigkeit. Laut Bürgermeister Hannes Juffinger gab es für die Bluttat keinerlei Anzeichen. Die Familie sei gut in das Dorfleben eingebettet gewesen. Der Familienvater war in mehreren Vereinen engagiert.

"Als ich davon erfahren habe, war die erste Reaktion: So etwas kann es bei uns nicht geben", schilderte Juffinger. Nachdem man die Tragödie schließlich realisiert habe, frage man sich, wie so etwas passieren habe können. "Was bleibt ist Ratlosigkeit." Juffinger habe den 51-Jährigen von Kindheit an gekannt. Der Familienvater sei im Ort gut bekannt gewesen. Unter anderem sei er bei der Feuerwehr aktiv gewesen. Der Vater habe einen großen Verwandtenkreis in dem Ort gehabt. Es habe nie Anzeichen für irgendwelche Unstimmigkeiten gegeben, auch seien keine Hinweise auf Krankheit oder Alkoholismus vorgelegen. "Wir sind alle fassungslos und können uns nicht vorstellen, was zu der Tat geführt hat", sagte Juffinger.

Der idyllische Ort Hinterthiersee liegt auf dem Hochplateau des Thierseetales und gehört zur Gemeinde Thiersee. Das kleine Bergdorf unmittelbar an der bayrischen Grenze liegt in etwa 900 Metern Höhe und zählt rund 600 Einwohner. Am späten Montagnachmittag war bei der Polizei angezeigt worden, dass der 23-Jährige nicht zur Arbeit erschienen sei. Ein Arbeitskollege hatte den als zuverlässig geltenden Mann vermisst, Nachschau gehalten und die Leichen entdeckt.

Beziehungs- und Lebenskrisen, psychische Probleme und Überforderung sind immer wieder Wegbereiter für Tötungen innerhalb von Familien. Manche Täter und Täterinnen sind auf Rache aus, in anderen Fällen stehen solche Tragödien am Ende scheinbar auswegloser Situationen. Opfer sind neben den Lebenspartnern nur allzu häufig die gemeinsamen Kinder. Oft begehen die Täter erweiterten Selbstmord, das heißt, dem eigenen Suizid geht die Tötung von Familienmitgliedern voraus. Es folgt eine Chronologie einiger Aufsehen erregender Fälle der vergangenen Jahre:

Jänner 2000: Eine 24-jährige Frau erdrosselt in Wien-Landstraße ihre beiden Kinder (zwei und acht Jahre). Von der mutmaßlichen Täterin fehlt bis heute jede Spur. Es wird vermutet, dass sie Selbstmord begangen hat. Das Motiv liegt in Schwierigkeiten mit ihrer Familie.

August 2001: Eine Grazerin ersticht ihren kleinen Sohn kurz vor dessen fünften Geburtstag. Die Frau leidet seit längerem unter Depressionen, sie bleibt stundenlang neben der Leiche sitzen.

September 2001: Ein Vater holt seinen dreijährigen Sohn bei der Kindesmutter ab und fährt mit ihm in die Tiroler Sillschlucht. Auf einem Kinderspielplatz erwürgt er den Dreijährigen. Hintergrund der Tat ist ein Beziehungsdrama, das sich zwischen den getrennt lebenden Eltern abspielt.

März 2003: In Feldkirch erschießt ein Vater seinen 19 Monate alten Sohn, den seine Frau gerade im Arm hält, und tötet sich selbst. Der Hintergrund der Tat sind Eheprobleme, die Frau hat drei Wochen zuvor die Scheidung eingereicht. Sie, ein weiterer 15 Jahre alter Sohn und ein Freund des Burschen überleben die Tat physisch unversehrt.

Dezember 2003: Ein 28-Jähriger fügt seinem dreijährigen Sohn mit einem Messer Verletzungen zu und wirft ihn dann oberhalb des Kraftwerks Greifenstein (Bezirk Tulln) in die eiskalte Donau. Auch er selbst stürzt sich ins Wasser, rettet sich dann aber ans Ufer. Motiv ist ein Streit mit seiner geschiedenen Frau.

März 2004: Eifersucht auf die Ehefrau ist das Motiv eines Familiendramas in Semriach bei Graz: Ein Landwirt tötet seine beiden neun- und elfjährigen Kinder sowie sich selbst. In einem Abschiedsbrief schreibt er, dass er seinen Sohn und seine Tochter in den Tod mitnehme, damit seine Frau ein glückliches Leben führen kann.

Oktober 2004: In Saalfelden ertränkt eine 35-jährige Mutter ihre fünfjährige Tochter in der Badewanne und versucht danach, sich das Leben zu nehmen. Das Motiv der geschiedenen Frau: Sie wollte ihr Kind nicht mit dem Vater teilen.

Juli 2005: Eine 45-jährige Mutter erschlägt in Graz ihre beiden halbwüchsigen Söhne im Schlaf mit einer Hacke. Anschließend fährt sie mit dem Zug nach Wien, wo sie von der Polizei festgenommen wird. Die Frau leidet seit Jahren an Depressionen. Vor Gericht sagt sie, sie habe ihren Kindern ein Leben wie das ihre ersparen wollen.

Jänner 2006: Ein 50-jähriger Frühpensionist tötet nach einem Streit mit seiner Frau vier seiner fünf Kinder in Mauerbach (Niederösterreich). Der Mann flüchtet zunächst und begeht dann mit einem Messer Selbstmord, als die Polizei sein Auto stoppt. Hintergrund des Streits sind finanzielle Probleme in der Familie.

Jänner 2008: Ein 41-Jähriger erstickt seinen zehnjährigen Sohn in Graz. Hintergrund sind die wiederholten Streits mit seiner geschiedenen Frau. Eigentlich wollte er diese töten, doch sie habe ihn nie in die Wohnung gelassen, gibt der Täter bei der Polizei an.

Dezember 2009: In einem Hotel in Wien-Hietzing bringt eine Mutter ihren zweijährigen Sohn um und tötet sich selbst. Die Frau hinterlässt einen Abschiedsbrief, in dem sie schreibt, dass sie keinen anderen Ausweg gesehen habe.

Dezember 2011: In Innsbruck ertränkt eine Mutter ihre siebenjährige Tochter in der Badewanne. Die schwer verstörte Frau gesteht die Tat, kann zu ihrem Motiv zunächst aber keine Angaben machen.

März 2012: In Reichenau in Mühlkreis tötet eine Mutter ihren vierjährigen Sohn und versucht danach, sich das Leben zu nehmen.

Mai 2012: Ein Vater holt in St. Pölten seinen Sohn aus dem Klassenzimmer. In einer Garderobe schießt er dem Achtjährigen in den Kopf und flüchtet. Der Mann wird eineinhalb Stunden später tot aufgefunden. Er hat sich erschossen. In der Familie gab es offenbar immer wieder Auseinandersetzungen und Polizeieinsätze wegen gewalttätiger Ausbrüche des Vaters.

August 2012: Ein psychisch erkrankter 33-jähriger Mann erschlägt seine Mutter in Eisenstadt mit einer Hacke. Danach stellt er sich selbst der Polizei.

November 2012: In Hinterthiersee im Tiroler Bezirk Kufstein werden in einem Einfamilienhaus drei Tote entdeckt: Der Familienvater (51) und zwei Söhne im Alter von 13 und 23 Jahren dürften erstochen worden sein. Die Mutter befindet sich seit Tagen in einem Krankenhaus. Die Polizei schließt eine Verwicklung weiterer Personen aus.

Kommentare