Disziplinarverfahren: Milde Strafen für Beamte

Ein Beamter hatte Strafakten so lange nicht bearbeitet, bis sie verjährt waren
Für eine Entlassung muss viel passiert sein – wie Versicherungsbetrug.

Als der neue Chef (nach Pensionierung seines Vorgängers) seinen Dienst antrat, fand er einen ganzen Berg unerledigter Ermittlungsakten vor. Die wurden auf der Polizeiinspektion offenbar schon seit Jahren von einer Ecke in die andere geschoben. 30 dieser insgesamt 134 sogenannten UT-Akten in Verfahren gegen unbekannte Täter lagen so lange, dass sie strafrechtlich bereits verjährt waren. Selbst wenn man also die Delikte bekannten Serientätern hätte zuordnen können, hätte man ihnen deswegen keinen Prozess mehr machen können.

Akte nicht bearbeitet

Das Disziplinarverfahren gegen die säumigen Beamten ist noch nicht ganz abgeschlossen, einer wurde aber bereits verurteilt. Er hatte nachweisbar zumindest vier Strafakte so lange nicht bearbeitet, bis sie verjährt waren. Dafür verhängte die Disziplinarkommission des Innenministeriums die mildestmögliche Strafe – nämlich bloß einen Verweis.

28-mal wurde diese Disziplinierungsmaßnahme in den vergangenen fünf Jahren bei der Exekutive gewählt, wie aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der FPÖ hervor geht. Die am häufigsten ausgesprochene Strafe bei disziplinären Vergehen von Beamten ist die Geldbuße (bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges) bzw. die Geldstrafe (bis zu fünf Monatsbezüge). 166-mal wurde sie im Innenministerium zwischen 2013 und 2017 verhängt.

Für die härteste Folge, die Entlassung aus dem Dienst, muss schon sehr viel passieren. Zum Beispiel muss ein Polizist eine Straftat vorgetäuscht haben, statt sie aufzuklären.

Ein ehemaliger Chefinspektor aus Niederösterreich im Raub-Dezernat hatte gemeinsam mit seiner Ehefrau ausgerechnet einen Raubüberfall im eigenen Haus fingiert und behauptet, der Täter hätte 100.000 Euro erbeutet. Das Ehepaar wollte das Geld von der Versicherung kassieren. Der Betrug flog auf, der Top-Ermittler wurde zu 30 Monaten teilbedingt, davon zehn Monate unbedingt, verurteilt. Der Amtsverlust war damit zwingend (bei Strafen, die ein Jahr übersteigen).

Nicht so eindeutig verhielt sich das im Fall eines Beamten des Stadtpolizeikommandos, der in 23 Fällen die Strafgelder im Gesamtbetrag von 668 Euro in die eigene Tasche gesteckt hatte. Bei der Kontrolle seines Spindes hatte man die Organmandate entdeckt. Der Beamte redete sich darauf aus, vergessen zu haben, die kassierten Strafen abzuführen. Er wurde vom Strafgericht zu zwölf Monaten bedingt verurteilt, das ist knapp unter der Grenze des gesetzlich vorgesehenen Amtsverlustes.

Der Beamte wurde von der Disziplinarkommission dennoch entlassen. "Gerade an das Verhalten von uniformierten Beamten werden besonders qualifizierte Anforderungen gestellt", so lautete die Begründung: Der Beamte habe durch sein Verhalten ein Bild vermittelt, "welches üblicherweise nicht mit der österreichischen Polizei in Zusammenhang gebracht wird".

Die Exekutive ist mit neunzehn Entlassungen in den vergangenen fünf Jahren Spitzenreiter, gefolgt vom Bundesheer mit fünf, der Finanz mit drei und der Justiz mit zwei Entlassungen.

Biss ins Ohr

Das Landwirtschaftsministerium liegt mit drei Geldbußen bzw. Geldstrafen im Schlussfeld der disziplinären Maßnahmen. Zuletzt wurden einem Beamten 900 Euro Geldbuße auferlegt, weil er sich im Gemeinschaftsbüro einer Außenstelle mit Kollegen geprügelt hatte. Die weithin zu vernehmende tätliche Auseinandersetzung mit Fäusten und einem Besenstiel endete mit einem Biss ins Ohr und "war geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zu erschüttern".

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