Diskriminierung in der Justiz: "Bis aufs Blut sekkiert"

Diskriminierung in der Justiz: "Bis aufs Blut sekkiert"
Aus dem Mobbingtagebuch einer Bezirksrichterin.

Sie sei nicht zur Einweihung der Gerichtsküche eingeladen worden, und auch nicht zum Gerichtswandertag. Der Wachdienst am Eingang des Gerichtsgebäudes habe kontrolliert, wann sie kommt und wann sie geht. Der Gerichtsvorsteher habe sie nicht gegrüßt und "bis aufs Blut sekkiert". Und als sie eine neue Zivilprozessordnung bestellt habe, seien ihr veraltete Gesetzbücher geliefert worden, in denen noch Schillingpreise standen. Auf ihre Frage, was sie damit anfangen solle, habe der Vorsteher geantwortet: "Ich habe mir gedacht, das passt für Sie."

Das ist ein kleiner Auszug aus dem (von der Betroffenen selbst sogenannten) "Mobbingtagebuch" einer Bezirksrichterin. Jetzt hat die Bundes-Gleichbehandlungskommission entschieden, dass die Vorgesetzten der Richterin diese einer verbotenen Benachteiligung sowie einer Diskriminierung ausgesetzt haben, auf gut Deutsch: Die Richterin wurde gemobbt. Es musste ein Mediationsverfahren eingeleitet und der Kommission darüber berichtet werden.

Die Richterin kann mit diesem Bescheid in der Hand nun Schadenersatz und seelisches Schmerzensgeld für die persönliche Beeinträchtigung einklagen.

Die Diskriminierung hatte damit begonnen, dass sich die Richterin als Gerichtsvorsteherin beworben hatte, aber von einem männlichen Kandidaten ausgestochen wurde. Sie wurde dessen Stellvertreterin, war im Gericht aber nie anerkannt. Einmal sprach sie eine Frau mit der Bemerkung an, es sei schade, dass sie nicht mehr am Bezirksgericht sei. Auf die Frage, wie die Frau darauf komme, antwortete diese, in einer Zeitung sei das neue Team mit Foto vorgestellt worden, aber die Richterin sei nicht darauf gewesen.

Evakuierung

Als Stellvertreterin des Gerichtsleiters wurde sie nicht über Abläufe informiert. Als man ihn deshalb zur Rede stellte, argumentierte er: Im normalen Betrieb gebe es ohnehin "nichts Wichtiges". Und als der Gerichtsvorsteher im Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission zu den Aufzeichnungen der Securitymitarbeiter über die Anwesenheit der Richterin gefragt wurde, erklärte er: Im Alarmfall bei einer Evakuierung des Gerichts sei das hilfreich, um feststellen zu können, ob alle anwesenden Mitarbeiter das Gebäude verlassen hätten. Ein Eingriff in die freie richterliche Dienstzeit sei damit keineswegs verbunden.

Beschwerden der Richterin beim Präsidenten des übergeordneten Landesgerichtspräsidenten brachten ihr nichts. Der Präsident soll gesagt haben: "Ihr werdet’s euch schon gegenseitig sekkieren." Gefolgt von: "Warum suchen Sie sich nicht einen anderen Job?"

Für den Senat entstand der Eindruck, dass der Präsident der Angelegenheit kaum Bedeutung beigemessen bzw. sie dem Präsidenten des Oberlandesgerichts überlassen habe. Und über den Gerichtsvorsteher urteilte der Senat, dass bei diesem von einer Wertschätzung der Kollegin gegenüber überhaupt keine Rede sein könne. Der Mann steht nun zumindest unter Beobachtung.

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