Diskriminierung im Ministerium: Kinder als Karrierebremse
Seit 2002 trägt das von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner geführte Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft das Gütezeichen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Man könnte also annehmen, dass hier auch Mitarbeiterinnen mit Kindern beste Karrierechancen haben...
In einer Abteilung, die sich mit Projektorganisation und Kommunikationsarbeit befasst, wurde der Posten der stellvertretenden Leitung neu besetzt. Zwei annähernd gleich qualifizierte Bewerberinnen kamen in die engere Auswahl. Einer von ihnen, Frau A., legte der Abteilungsleiter jedoch nahe, von ihrer Bewerbung Abstand zu nehmen. Sie arbeite nur in Teilzeit, um neben dem Job ihre zwei Kinder zu versorgen. Das könne zu Terminkollisionen führen, erklärte der Chef. Vor allem bei der Urlaubsplanung, da auch er selbst schulpflichtige Kinder habe.
Außerdem sei intensiver Kontakt mit dem Kabinett des Vizekanzlers erforderlich, wenn dessen Pressekonferenzen vorzubereiten seien. Kurz gesagt: Eine der Familie zuliebe reduzierte Arbeitszeit vertrage sich nicht mit der angestrebten Funktion.
Frau A. zog ihre Bewerbung nicht zurück. Immerhin gibt es mehrere Beispiele von Teilzeit-Beschäftigten im Ministerium, die (neben der Kinderpflege) stellvertretend eine Abteilung leiten.
Luft holen
Zum Zug kam Frau B. Als die abgewiesene A. später die Stellungnahme des Ministeriums zur Präferenz der B. zu Gesicht bekam, musste sie "tief Luft holen": Auf dieser Grundlage hätte sie sich auch für ihre Mitbewerberin B. entschieden, sagt sie. Wobei sofort die (zumindest verkürzte) Feststellung auffällt, beide Bewerberinnen seien langjährig in dem zur Debatte stehenden Bereich tätig gewesen. Von wegen: A. ist um einige Jahre länger im Ministerium beschäftigt als B. Außerdem hatte A. die Abteilung bereits interimistisch geführt und war stellvertretende Leiterin in einer anderen Abteilung.
Die Unterlegene beschwerte sich bei der Gleichbehandlungskommission des Bundes. Und diese urteilte nach einer umfangreichen Begutachtung, dass die Nichtberücksichtigung der Bewerbung von A. eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt. Zitat: "Bei der Auswahlentscheidung zwischen Bewerberinnen dürfen zeitliche Belastungen durch die Betreuung von Kindern nicht diskriminierend herangezogen werden."
Genau das ist nach Ansicht der Kommission aber geschehen: Die Dienstbehörde "folgte schlicht dem Wunsch des Abteilungsleiters, dessen Präferenz für B. offensichtlich auf seiner Meinung basierte, A. wäre wegen der Betreuung ihrer Kinder nicht in dem Ausmaß disponibel wie B.".
Die Kommission empfiehlt dem Ministerium, sich künftig nicht auf "unzulässige Wertungen eines Experten" zu stützen, sondern "eine eigenständige Beurteilung auf sachlich nachvollziehbarer Basis vorzunehmen."
Und was hat A. davon? Sie kann mit guten Chancen eine Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung und die Differenz zwischen ihrem und dem höheren Gehalt einer stellvertretenden Abteilungsleiterin für mindestens drei Monate einklagen.
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