Die Österreicher zieht es in die Städte

Symbolbild Bevölkerung.
Am 1. Jänner 2015 lebten 8,58 Millionen Menschen in Österreich. Um 72.000 mehr als im Vorjahr.

Vor drei Jahren hat es Alfred Quinz von Kärnten nach Wien verschlagen. Damit der Kulturschock nicht ganz so groß war, suchte er einen Bezirk mit vielen Grünflächen: „Das erinnert mich an daheim“. Fündig wurde Quinz in der Donaustadt: „Spaziergänge in der Lobau sind einfach herrlich.“ Alfred Quinzist nicht der einzige, dem der zweitgrößte Bezirk Wiens gefällt. Vergangenes Jahr zogen 4400 Menschen in den Bezirk nördlich der Donau. Mit 2,6 Prozent ist das der Bezirk mit dem größten Wachstum Österreich.

Die Statistik Austria gab am Mittwoch die österreichischen Bevölkerungszahlen bekannt. Laut vorläufigen Ergebnissen lebten zu Jahresbeginn 8,58 Millionen Menschen in Österreich. Das sind 72.000 mehr als noch vor einem Jahr. Der Löwenanteil des gesamten Wachstums fiel auf Wien: Hier kamen 28..

Herausforderung

Der starke Zuwachs in der Donaustadt stellt Bezirkschef Ernst Nevrivy (SPÖ) vor große Herausforderungen. Neben dem Ausbau des Verkehrs liegt sein Fokus auf der Bildung von „Stadtquartieren“. Bewohner sollen von Einkaufs- bis Ausbildungsmöglichkeiten alles im eigenen Grätel finden. Somit sollen auch die 27.000 neuen Bewohner, die in den kommenden 20 Jahren in der Donaustadt dazukommen könnten, versorgt werden.

Könnten es einmal zu viele Bewohner in Wien werden? Laut Bevölkerungswissenschaftler Rainer Münz muss man sich darüber keine Sorgen machen. „Es gibt jedenfalls genug brach liegende Flächen in Wien“, sagt Münz. „Man kann ja auch in die Höhe bauen. In Alterlaa hätte sicherlich noch ein zweiter Wohnpark Platz.“

Einen höheren Bevölkerungsanstieg als die Bundeshauptstadt verzeichneten die Städte Linz, Innsbruck und Wr. Neustadt mit einem Plus von jeweils 1,8 Prozent. Zudem wuchsen alle Hauptstädte des Landes um mehr als ein Prozent. Aber nicht nur die Großtädte, auch die Gemeinden am Stadtrand erleben weiterhin großen Zuzug. Besonders für die Familiengründung verlassen viele Städter den urbanen Raum wieder und siedeln sich im Umland an.

Die beiden wichtigsten Faktoren für den Umzug (im In- oder Ausland) sind laut Dozentin Tatjana Fischer von der Universität für Bodenkultur Job- und Ausbildungsmöglichkeiten. Kleine Gemeinden werden von jungen Menschen vordergründig deshalb verlassen, weil sie einen Platz an einer FH oder Universität erhalten haben. „Und das größte Angebot bieten nun einmal Städte“, sagt Fischer. Auch eine gute Infrastruktur ist wichtig – vor allem in Bezug auf Kinderbetreuung. In Zeiten, in denen immer häufiger beide Partner berufstätig sind, braucht es Alternativen, falls es keine Großeltern gibt, die auf die Kinder aufpassen können. Ein weiterer Punkt kommt für viele junge Menschen dazu: Sie wollen auch ohne Autos zurechtkommen.

Altes Eisenerz

Nur 25 politische Bezirke verzeichneten 2014 Verluste. Den größten Schwund gab es in der steirischen Stadt Eisenerz. „Die Fokussierung auf den Bergbau hängt der Stadt nach“, sagt Uni-Dozentin Fischer. Gemessen am Alter der Einwohner ist Eisenerz mittlerweile die älteste Stadt. Bürgermeisterin Christine Holzweber (SPÖ) sieht sich gefordert: „Um uns herum tut sich viel. Die Stadt muss schauen, dass sie mithalten kann.“

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