Der Krieg der Anwälte um Aliyev

Der „unbeeinflusste“ Zeuge Vadim K. wurde, wie andere auch, in Astana in Handschellen vorgeführt.
Vertreter Aliyevs verlangen U-Haft für Anwalt Lansky - der spricht von "substanzloser Verleumdung".

Spektakuläre Wende in der Causa um den kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev: Während der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft mit einer möglichen Anklage gegen Aliyev wegen zweifachen Mordes im Justizministerium liegt und auf eine Entscheidung über die weitere Vorgangsweise gewartet wird, verlangen Aliyevs Anwälte, den Wiener Anwalt Gabriel Lansky in Untersuchungshaft zu nehmen. Ihm wird unterstellt, mithilfe des kasachischen Geheimdienstes KNB einen "Angriff auf das österreichische Rechtssystem" geführt zu haben, um Aliyev mit gefälschten Beweisen hinter Gitter zu bringen. Lansky will seinerseits mit Strafanzeigen zurückschlagen.

"Anregung auf Verhängung der Untersuchungshaft über die Beschuldigten Lansky (...) sowie die Anregung einer Beschlagnahme" ist der Titel einer Eingabe des Rechtsanwalts Stefan Prochaska bei der Staatsanwaltschaft Wien. Diese führt gegen Lansky unter dem Aktenzeichen 502 St 100/12f Ermittlungsverfahren wegen schwerer Nötigung sowie des Verdachts des Geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs. Er soll versucht haben, mit dem kasachischen Geheimdienst Zeugen zu Falschaussagen zu zwingen, was Lansky heftig bestreitet.

Grundlage gegen die neuerliche Anzeige ist ein Strategiepapier aus seiner Kanzlei, das für die kasachische Botschaft erstellt wurde. Ziel war, Aliyev nach Kasachstan auszuliefern oder zumindest dessen Verurteilung in Österreich wegen eines angeblichen Doppelmordes in seiner Heimat zu erwirken. Dafür sollen laut dem Papier aus Lanskys Kanzlei Österreichs Politik, Medien und die Justiz instrumentalisiert werden.

Lobbying-Target

Der Krieg der Anwälte um Aliyev

Im 43 Seiten langen Papier wird empfohlen, "Druck auf das österreichische politische System" auszuüben. Als "Lobbying Target" wird die damalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner genannt. Zur Umgehung der offenbar unkooperativen Staatsanwaltschaft Wien wird die "Einschaltung" von Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium empfohlen. Dazu gibt es eine Namensliste mit Personen, mit denen es dort "zu arbeiten" gelte. Weiters seien "Berater" heranzuziehen: Ein ehemals Mitglied des Europarats, ein Richter und ein früherer Oberstaatsanwalt. Sie sollten einen Stundensatz von 600 Euro verrechnen dürfen – kein Problem bei 400.000 Euro Monatshonorar für Lanskys Kanzlei. In der kasachischen Botschaft sollte ein eigener Budgetposten für die "Einladung von Personen" eingerichtet werden.

Ob tatsächlich jemand Geld bekommen hat– egal, von wem auch immer – ist unklar. Probleme dürfte auf jeden Fall eine hochrangige Funktionärin der Wiener Rechtsanwaltskammer bekommen, die sich von Lansky den Betrag von 22.425,88 Euro hatte überweisen lassen. Der Verfassungsschutz vermutet, dass die Anwältin eingesetzt wurde, um die Zusammenarbeit Lanskys mit dem KNB zu verschleiern.

Ein wichtiger Punkt des Strategiepapiers ist die Rolle der Geheimdienste, insbesondere des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Zeugentraining

Ein weiterer zentraler Punkt heißt "Zeugentraining": So soll in Wien ein ehemaliger KNB-Chef unter massivem Druck zu einer Falschaussage gezwungen worden sein. Und in Astana wurden gut vorbereitete Zeugen in Handschellen aus Haftanstalten geholt. Deren Aussagen müssen nun die Wiener Staatsanwälte auf ihre Glaubwürdigkeit prüfen.

Im Falle von negativer Berichterstattung in den Medien seien laut dem Papier "Gegenmaßnahmen" zu setzen. In dieses Bild passt ein Interview des kasachischen Botschafters Kayrat Sarbay in der Kronen Zeitung, wo dieser "Vertrauen in Österreichs Justiz" ausdrücken durfte und gleichzeitig zwei österreichischen Unternehmen Großaufträge versprach.

Lansky erklärt dem KURIER, dass er gegen den Anzeiger Strafanzeige wegen Vorlage gefälschter Papiere und Verleumdung erstatten wolle. Den Vorwurf, er arbeite über den Verein "tagdyr" mit dem KNB zusammen, bestreitet er. Er würde nur die Hinterbliebenen der Ermordeten vertreten und nicht den kasachischen Staat. Mit "tagdyr" habe er zwar den Vertretungsvertrag für die Hinterbliebenen abgeschlossen. Dabei handle es sich aber nicht um einen KNB-Verein, sondern um eine Opferschutzorgansiation.

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