Debatte um Psychotests bei Feuerwehr

Der Feuerwehrchef soll sieben Brände gelegt haben
Erstmals wurde ein Kommandant der Brandstiftung überführt, die Organisation sieht dennoch keinen Handlungsbedarf.

Dass Feuerwehrleute zu Brandstiftern werden, ist kein neues Phänomen und kam immer wieder einmal vor. Einen zündelnden Feuerwehrkommandanten sucht man in der jüngeren Kriminalgeschichte jedoch vergeblich. Der Fall eines 37-jährigen Kommandanten einer Freiwilligen Feuerwehr im Mostviertel in NÖ dürfte somit der erste sein. Wie in Teilen des KURIER berichtet, wurde Wolfgang Sch. diese Woche wegen einer Serie von Brandstiftungen in seiner Heimatgemeinde festgenommen.

Der Kommandant, der in seinem Zivilberuf pikanterweise auch noch Brandschutz-Techniker ist, hat alle Taten gestanden. Als Motiv nannte der 37-Jährige psychische Probleme nach seiner Scheidung.

25 Millionen € Schaden

Knapp 375 Fälle von Brandstiftung mit durchschnittlich 25 Millionen Euro Schaden pro Jahr gibt es laut Statistik der österreichischen Brandverhütungsstellen in Österreich. Da die Täter eine gewisse Affinität zum Feuer aufweisen, sind auch immer wieder Mitglieder der Feuerwehr darunter. "Feuer ist spannend, etwas Interessantes – ein Brand gibt schon etwas her", sagt Adelheid Kastner, Gerichtspsychiaterin und Vorstand der Klinik für Psychiatrie mit forensischem Schwerpunkt an der Kepler–Uni Linz. Wenn jemand eine Affinität zu diesem Bereich habe, sei er auch gedanklich stärker dort verhaftet. Das spiegle sich auch bei Straftaten wieder.

Ein starkes Motiv sei, im Mittelpunkt zu stehen und ein Held zu sein. "Da ist es dann der, der sich als Erster meldet, sich am mutigsten der Brandbekämpfung stellt und dann die Gratifikation der Grandiosität erhält", erklärt Kastner.

Großer Ärger

In Feuerwehrkreisen sorgt die Nachricht über den zündelnden Kommandanten für gewaltigen Ärger, in den Internetforen gehen die Wogen hoch. Die Freiwilligen stört besonders, dass ein einziges "schwarzes Schaf" einen großen Imageschaden für 98.000 aktive Feuerwehrmitglieder in NÖ verursacht.

Der Landesfeuerwehrverband zog jedenfalls sofort die Konsequenzen. "Er wird nie wieder für die Feuerwehr tätig sein. Wer derart unerklärliche Handlungen setzt, hat in einer Organisation, die jedes Jahr 70.000 freiwillige Einsätze im Dienste der Menschlichkeit leistet, nichts verloren", sagt Landesfeuerwehr-Sprecher, Franz Resperger.

Solche Einzelfälle seien nicht zu verhindern. Auch nicht mit Persönlichkeitstest oder speziellen Screenings, ist Resperger überzeugt. Das beste Mittel sei nach wie vor der enge Kontakt unter Feuerwehrleuten. "Die Mannschaft kennt sich selbst am besten. Kommandanten brauchen eine breite Zustimmung, weil sie gewählt werden. Aber man kann in niemanden hinein schauen", erklärt Resperger. Daher sieht man auch in Zukunft von Eignungsprüfungen oder Psychotests für den Feuerwehrdienst ab. Der Vorfall ändert daran nichts. Das Vorlegen eines Leumundszeugnis wurde schon vor Jahren abgeschafft.

Auch die erfahrenen Brandermittler sehen den Fall von Wolfgang Sch. als bisher einzigartig. Der 37-Jährige hat sogar Brandanschläge gegen seine Person vorgetäuscht. "Er ist in der Nacht aufgestanden, hat Feuer bei sich zu Hause gelegt und sich dann wieder zu seiner Freundin ins Bett gelegt", erklärt Chef-Brandermittler Erich Rosenbaum.

Sieben Brände von Juli bis September sollen auf das Konto des Mannes gehen. Der Schaden beträgt 100.000 Euro, der 37-Jährige sitzt in Untersuchungshaft.

"Allein in Österreich wird beinahe täglich ein Brand absichtlich gelegt", sagt Arhur Eisenbeiss, Direktor der oö. Brandverhütungsstelle. In Relation zur Gesamtzahl, die in die Statistik eingeht, werden hierzulande etwa fünf Prozent aller Brände und zehn Prozent der Gesamtschadenssumme durch Brandstiftung verursacht.

Für Brandursachen-Ermittler, Polizei, Staatsanwaltschaft, Versicherungen und Feuerwehren stellt das eine große Herausforderung dar – die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird immer wichtiger. Am Dienstag fand in der Kepler Uni in Linz ein Symposium zur Bekämpfung der Brandkriminalität statt, bei dem Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten Erfahrungen austauschten.

Für das Aufspüren und Überführen eines Brandstifters sind Täterprofil und Motiv von grundlegender Bedeutung. "Großteils geht es dabei um Rache für erlittene Kränkungen oder zugefügtes Unrecht", erklärt Psychiaterin Adelheid Kastner. Die Palette reiche allerdings von Verzweiflung am sozialen Umfeld über Affektstau und soziale Defizite bis hin zu übersteigerter Geltungssucht oder Betrugsabsicht.

"Ein krankhafter Brandstiftungstrieb, auch als Pyromanie bekannt, ist dagegen relativ selten", betont Kastner. Nur wenige Täter würden Feuer als Stimulans für sexuelle Erregung nutzen und auf die Weise ihre sexuellen Bedürfnisse über eine primär nicht sexuelle Handlung befriedigen.

Schwierig für Ermittler

Neueren Untersuchungen zufolge unterscheiden sich Brandstifter kaum von der Gesamtheit der Straftäter und bilden keine einheitliche Gruppe: "Neben Beweggründen wie Versicherungsbetrug oder Verdeckung eines anderen Verbrechens sind die häufigsten Motive Rache und die Suche nach Bedeutsamkeit, Spannung und Anerkennung."

Für Gottfried Mitterlehner, Chef des oberösterreichischen Landeskriminalamts, ist Brandstiftung eine archaische Form der Konfliktlösung. "Kaum eine andere Deliktsform berührt dermaßen die Urängste der Menschen vor der Vernichtung ihrer Lebensgrundlage." Für die Exekutive sei die Aufklärungsarbeit nicht einfach: "Die Taten sind meist gut geplant, Feuer und Löscharbeiten vernichten einen Großteil der Spuren, und es ist enorm schwer, eine Brandstiftung ohne Geständnis nachzuweisen."

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