Causa BVT wird zu Justiz-Debakel: weitere Kernvorwürfe eingestellt

ÖVP soll über BVT Zugriff auf exklusive Datenbank gehabt haben
Vom ursprünglichen Ermittlungsverfahren bleibt kaum etwas übrig. Neos wollen vom Justizminister wissen, was das BVT-Verfahren bisher gekostet hat.

Das Ermittlungsverfahren rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird in die österreichische Justizgeschichte eingehen - als veritabler Flop. Zwei Verdächtige haben heute weitere Einstellungsbeschlüsse erhalten - der Ex-BVT-Spionagechef P. und sein früherer Mitarbeiter Franz S.

"Es wurden die Vorwürfe im Zusammenhang mit den nordkoreanischen Reisepass-Rohlingen, mit der Reise nach Südkorea und mit den Heurigen-Besuchen eingestellt", bestätigt Otto Dietrich, Verteidiger des früheren Spionage-Chef des BVT, im Gespräch dem KURIER. "Wir werden jetzt eine detaillierte Begründung verlangen."

Damit ist vom ursprünglichen Hausdurchsuchungsbefehl eigentlich de facto kaum etwas übrig. Denn auch der Vorwurf, das BVT habe illegal Datenmaterial aus der Wiener Anwaltskanzlei Lansky gehortet, stellte sich als falsch heraus. Die Ermittlungen zu diesem Verfahrensteil sind schon früher eingestellt worden.

Übrig ist lediglich ein allgemeiner Vorwurf, eines angeblichen Datenmissbrauchs bzw. weil Fotos einer Observation zu lange gespeichert worden sein sollen.

 

"Absurdester Grund"

"Mit dieser Einstellung ist der absurdeste der nicht nachvollziehbaren Gründe für die Hausdurchsuchung im BVT weggefallen", sagt NEOS-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper zum KURIER. "Wir werden jetzt an den Justizminister eine parlamentarische Anfrage stellen, weil wir wissen möchten, wie viel das BVT-Ermittlungsverfahren bisher gekostet hat."

So wurden für diese Ermittlungen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eigens Polizeibeamte angesiedelt, die die Ermittlungen als "Justizpolizei" führten.

Vergleichszweck

Dabei hatte die Korruptionsstaatsanwaltschaft in den Hausdurchsuchungsanordnungen schwere Geschütze aufgefahren. Sie behauptete darin, dass sich der BVT-Referatsleiter für Nachrichtendienste und sein Asien-Sachbearbeiter 30 Passrohlinge rechtswidrig von der Staatsdruckerei beschafften, mit dem Vorsatz, die nordkoreanische Diktatur und die Staatsdruckerei bei der Erfüllung ihre vertraglichen Pflichten zu schädigen. Denn sie haben drei Muster-Rohlinge dem südkoreanischen Nachrichtendienst übergeben – zu Vergleichszwecken.

Kein Schaden

„Erst nach Auslieferung der Passrohlinge und des Personalisierungsequipments an die Volksrepublik Nordkorea wurden aus der Überproduktion durch einen damaligen Auslandsgeschäftsführer 30 Stück Rohlinge ohne Seriennummern und ohne Personendaten an den BVT-Referatsleiter ausgehändigt“, schrieb Rüdiger Schender, Anwalt der Staatsdruckerei, später an die Korruptionsstaatsanwaltschaft.„Die Einfügung der Seriennummern, die Beschreibung der Computerchips und die Personalisierung ist nur durch Nordkorea mit dem von der Staatsdruckerei gelieferten Equipment möglich.“ Zusatz: „Es handelt sich um nicht einsatzfähige Reisepass-Rohlinge, die zu Zwecken der Überprüfbarkeit der Echtheit nordkoreanischer Reisepässe übergeben wurden.“ Es gab somit keinen Schaden.

Zugleich wurde zwei BVT-Mitarbeitern Bestechlichkeit vorgeworfen, weil sie eine vom Innenministerium genehmigte Dienstreise nach Südkorea machten. Sie wurden vom südkoreanischen Partnerdienst NIS dazu eingeladen. Dieser Vorwurf ist jetzt auch vom Tisch.

 

Schließlich wurden auch sämtliche Verfahren gegen Ex-BMI-Kabinettschef Michael K. eingestellt. Er hatte dem deutschen Privatagenten Werner M. bloß ein Gefälligkeitsschreiben ausgestellt.

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