Balkan-Rocker auf Expansionskurs

Fritz L. (ganz links, mit anderen Führungsmitgliedern) vergleicht die Rockergruppe mit dem FC Bayern.
Mehrere "Filialen" in Österreich - Führungsmitglied im Interview: "Wir sind nicht kriminell."

Der bayerische Verfassungsschutz sieht in seinem Halbjahresbericht die United Tribuns bereits als die drittgrößte Gefahr nach Salafisten und Neonazis. Die Bild titelte: Die gefährlichsten Rocker Europas. Vor rund einer Woche gab es eine Großrazzia in vier Ländern (darunter Österreich) wegen Verdachts des Menschenhandels. Mittendrin: Mehrere angebliche Mitglieder der Tribuns. Die Polizei vermutet organisierte Kriminalität innerhalb derartiger Rockergruppen.

Seit einigen Monaten ist die "Bruderschaft", wie sie sich selbst bezeichnet, in Österreich höchst umtriebig. In sieben Städten sind sie laut KURIER-Informationen schon aktiv: In Wien, Bregenz und Innsbruck haben sie bereits "Chapter" gegründet, in Linz, Graz, Innsbruck, Salzburg und Villach sind sie offenbar gerade im Aufbau. Die Tribuns sollen an Rotlicht-Lokalen – vor allem im Hintergrund – beteiligt sein, heißt es aus deutschen und österreichischen Polizeikreisen. Genannt werden dabei etwa Niederösterreich, Oberösterreich und die Steiermark. Polizisten sprechen von zunehmenden Versuchen der Gruppe ins heimische Rotlicht vorzustoßen. Die Balkan-Rocker rekrutieren ihre Mitglieder aus Kämpfern etwa der Mixed-Martials-Arts-Szene, Türstehern und Soldaten/Personenschützern. Einige haben ganz normale Brotberufe. Viele fahren Luxusfahrzeuge und teure Motorräder. Auf die Frage, woher das Geld dafür stamme, heißt es mit einem Lächeln: "Von Freunden."

Strukturen wie die Hells Angels

Die Gruppe hat Strukturen wie die Hells Angels, zu denen sie auch "freundschaftliche Kontakte" pflegt, wie das ranghohe Mitglied Fritz L. zum KURIER sagt. Es gibt Präsidenten, Seargents at Arms oder Captains, bis hin zu Prospects (Anwärtern). Bisher war ein Motorrad nicht Pflicht, die Bruderschaft will sich aber laut L., der auch als Sprecher fungiert, zu einem Motorradclub (MC) entwickeln.

Die Tribuns distanzieren sich von Drogen, Alkohol und Menschenhandel. "Das widerspricht unseren Werten", sagt Fritz L. "Wir sind keine Streetgang und keine kriminelle Organisation." Er vergleicht die Gruppe und die aktuellen Vorgänge mit dem FC Bayern: "Uli Hoeneß ist ein Steuerhinterzieher und verurteilter Krimineller. Ist deshalb der ganze Fußballklub kriminell?" Er bemängelt, dass die Unschuldsvermutung für die "Bruderschaft" offenbar nicht gelte. In den aktuellen Fall sei das genannte Chapter Freiburg nicht verwickelt.

Die Leitlinien der Tribuns sind allerdings eher diffus. "Ehre und Stolz" in ihren Emblems erinnert etwas an die deutsche Wehrmacht. Mit der wollen die Tribuns aber "sicher nichts" zu tun haben, sagt L. Der Islam ist zwar in Aussagen der Brüder immer wieder ein Thema. "Er spielt bei den Tribuns aber keine Rolle, wir sind eine multikulturelle Bruderschaft", betont deren Sprecher.

Im Bundeskriminalamt heißt es, dass die komplette Rockerszene – wie auch die Tribuns – derzeit "unter Beobachtung" stehe.

Chronologie der United Tribuns

Die Tribuns wurden vom bosnischen Boxer Almir Ć. (alias „Boki“) 2004 gegründet. Sie arbeiten etwa als Personenschützer für bosnische Politiker. Gegen Ć. gibt es einen europäischen Haftbefehl wegen Verdacht des Menschenhandels. 2014 wuchs die Rockergruppe rasant, jetzt sind knapp 2000 Mann in Deutschland, Frankreich, Bosnien, Österreich und der Schweiz aktiv. Nach Scharmützeln mit den Hells Angels herrscht seit Ende 2013 Frieden.

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