Bärenjägd mit Hindernissen

In Kärnten ist der Bär los
Eingreiftruppe soll Bär bei Klagenfurt vergrämen. Einsatzleiter wider Willen hält das Tier für harmlos, Aktion für sinnlos. Ein Faktencheck.

Er ist seit sechs Wochen südlich von Klagenfurt unterwegs, näherte sich wiederholt besiedeltem Gebiet, hat etliche Bienenstöcke geplündert, ein Kalb gerissen und eine Mutterkuh attackiert – und lässt nun die Alarmglocken bei der Behörde schrillen: Wegen eines Braunbären bereitet das Land Kärnten "Vergrämungsmaßnahmen" und eventuell eine Umsiedelung vor. Bezüglich der Umsetzung ergeben sich Problemfelder. Die Fakten:

Der zuständige Umweltlandesrat Rolf Holub (Grüne) hat die im "Managementplan Bär Österreich" definierte Eingreiftruppe aktiviert. Was sind deren Aufgaben?

Die in Kärnten thematisierte Vergrämung durch den Beschuss mit Gummikugeln soll den Bären "erziehen", sodass er sich aus bewohntem Gebiet entfernt. Weitere Maßnahmen sehen den Fang, die Narkotisierung und Verbringung sowie die Entfernung aus der Population vor. Letzteres ist nicht angedacht. "Wir haben Kameras in den Wäldern installiert, erstellen eine Risikoeinschätzung, prüfen und überlegen das Vorgehen", hält sich der Leiter der Naturschutzabteilung, Harald Tschabuschnig, bedeckt.

Welches Personal umfasst die Eingreiftruppe?

Leiter sei der Landes-Bärenanwalt, Bernhard Gutleb, sagt Tschabuschnig. Ihm würden Experten zur Seite stehen. Gutleb war letzte Woche im Krankenstand. Laut "Managementplan Bär" müssen Forscher, Veterinärmediziner und Jägerschaft einbezogen werden. "Uns hat niemand informiert oder um Rat gefragt", sagt Landesjägermeister Ferdinand Gorton.

Ist der Bär mit einem Peilsender bestückt?

Nein, das Wildtier ist ein "No-Name", niemand kennt seine Vita, weiß wie alt oder groß es ist und ob es schon auffällig wurde. DNA wurde gefunden und ans Naturhistorische Museum nach Wien geschickt, Ergebnisse fehlen. Der Jagdaufseher von Maria Rain, Johannes Schifrer, ist der einzige Mensch, der diesem Bären bisher begegnet ist. "Ich kann nur sagen, dass er sehr groß wirkt, aber sich beim Blickkontakt sofort verzogen hat", erzählt er.

Holub ("Ich handle, bevor Menschen zu Schaden kommen") und FP-Jagdreferent Gernot Darmann ("Das Verbringen in unbewohntes Gebiet ist anzudenken") fordern dennoch den Bärenanwalt zum Handeln auf. Wer darf dem Bären mit Gummimunition zu Leibe rücken?

"Vier, fünf Leute in Österreich hätten diese Ausbildung. Unter anderem ich", betont Gutleb. Munition und Schrotflinte würde er von der Veterinärmedizinischen Uni in Wien beziehen.

Würde er auf den Bären schießen?

Der Bär sei völlig ungefährlich, beteuert Gutleb. Das Tier würde 40 Kilometer pro Tag zurücklegen und nicht zu orten sein. Gutleb: "Diesen Bär erwischt niemand." Aufgrund der Mobilität bräuchte man für die Vergrämung stets die Zustimmung eines anderen Jagdaufsichtsberechtigten. "Ich müsste mit Aktentasche und Flinte herumrennen", illustriert Gutleb. Wenn er von Holub die Weisung erhält, auf den Bär zu schießen, würde er "in einen Wald gehen und schauen, ob ich das Tier sehe."

Gibt es Alternativen zu Gummigeschoßen?

Man könnte den Bären mit einem Pfeil narkotisieren und in ein anderes Gebiet bringen. Die Probleme: Der Jäger muss sich dem Tier auf 50 Meter nähern, die Narkose wirkt erst nach Minuten, der Bär könnte in Panik geraten und durch die Benommenheit zu Schaden kommen. Man könnte ihn mit einer Schlingen-Bären-Falle aus den USA fangen – diese ist in der Steiermark erlaubt, aber laut Kärntner Jagdgesetz verboten. In jedem Fall würde sich die Frage stellen: wohin bringt man bzw. wer will einen "Problem-Bären"? Außerdem finden diese Tiere relativ leicht in ihre gewohnte Umgebung zurück.

Wurden in Österreich bereits Bären "vergrämt"?

Ja, vor rund 20 Jahren im Ötschergebiet. Diese kamen immer wieder zur selben Wild-Futterstelle und damit in Menschennähe. Gutleb war bei diesem Einsatz dabei: "Damals machte die Maßnahme Sinn, auch weil klar war, wo wir die Tiere antreffen. In Kärnten sollen wir Hollywood spielen und einen harmlosen Bär jagen."

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