Aus gewöhnlicher Tierliebe wird krankhafter Zwang

Aus gewöhnlicher Tierliebe wird krankhafter Zwang
Immer häufiger verzeichnet der Österreichische Tierschutzverein qualvolle Fälle von „Animal Hoarding“.

Nachdem einer Niederösterreicherin heuer bereits 15 Katzen wegen Überforderung abgenommen wurden, ist der Tierschutzverein Österreich jetzt erneut mit den Auswirkungen einer problematischen Tierhaltung konfrontiert. In Seekirchen am Wallersee hatten Mitarbeiter elf Hunde entdeckt und aufgenommen, die vom Amtstierarzt beschlagnahmt worden waren. Die 65-jährige Halterin konnte selbst nicht mehr gehen, weshalb sich die Hunde nur im Haus bewegen konnten.

„Die Räume waren komplett verwahrlost, die Frau und ihre Hunde hatten knöcheltief im eigenen Kot gelebt und der Ammoniakgestank hatte den Helfern sogar die Tränen in die Augen getrieben“, erinnert sich Uwe Gottschalk an den Einsatz. „Solche Zustände können auch für Menschen gesundheitsgefährdend sein, doch die Betroffenen nehmen das nicht wahr“, schildert Susanne Hemetsberger, Geschäftsführerin des Österreichischen Tierschutzvereins, den Ernst der Lage. Die psychisch und physisch kranke Halterin drohte daraufhin mit Suizid und wurde deshalb vom Amtsarzt in die Nervenheilanstalt eingewiesen.

Ältere, nicht berufstätige Frauen

Es sind in erster Linie ältere, nicht berufstätige Frauen, die von dem Phänomen „Animal Hoarding“ betroffen sind. Unter diesem Begriff wird das zwanghafte Sammeln und Halten von Tieren bezeichnet. Von Seiten des Tierschutzvereins registrierte man in den vergangenen Jahren eine steigende Zunahme solcher Fälle in Österreich. „Einsamkeit und eine Wohnsituation in abgeschiedener Lage sind bei den meisten Betroffenen der Ausgangspunkt“, weiß Hemetsberger.

Es beginnt meist mit großer Tierliebe oder der Rettung von notleidenden Tieren. Schnell jedoch wachsen die Bedürfnisse der Tiere den Betroffenen über die Ohren und die Tiere vermehren sich mangels Kastration ungewollt, ein Teufelskreis setzt sich in Bewegung.

Selbstmorddrohungen keine Seltenheit

Selbstmorddrohungen sind jedenfalls keine Seltenheit, bestätigt Janina Koster, Pressesprecherin des Österreichischen Tierschutzverbandes, denn teilweise werden die Tiere wie die eigenen Kinder gesehen, die dann von Fremden weggenommen werden. Während im Wohnanlagen, wegen zunehmender Lärm-oder Geruchsbelästigung, solchen Fällen deutlich rascher bekannt werden, bringt der Verein das Problem am Land nur schwer unter Kontrolle. „Der Kontakt mit Mitbewohner, die aufmerksam werden, ist Großteiles nicht vorhanden“, beschreibt Koster die traurige Situation.

Ähnlichkeit mit „Messie-Symdrom“

Besonders häufig davon betroffen sind neben Hunden und Katzen auch Kaninchen und Reptilien. Die Tiere leiden dabei an Unterernährung, Parasitenbefall bis hin zu Verhaltensstörungen. Durch extensive Tierhaltung machen sich die Besitzer zwar wegen Tierquälerei strafbar, die Strafe ändert allerdings wenig am Ursprung des Problems. Denn wie auch beim ähnlichen „Messie-Symdrom“, verweigern die Betroffenen häufig jede Hilfe und sehen das Fehlverhalten nicht ein. „Animal Hoarder haben wenige Bezugspersonen und diese werden meist vergrault, sobald sie Kritik an den Zuständen äußern“, weiß Hemetsberger. Dementsprechend hoch ist auch die Rückfallsquote bei den Betroffenen, vor allem wenn eine adäquate Unterstützung und Betreuung aus dem näheren Umfeld fehlt. Mit verstärkten und unangekündigten Kontrollen versucht der Tierschutzverein aber die unsachgemäße Haltung in den Griff zu bekommen.

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