Auch in Oberösterreich: Kammer bläst zur Jagd auf Job-Verweigerer

Die Wirtschaftskammer will schwarze Listen erstellen, die dann ans AMS gehen.
Trotz Kritik: Wie in Tirol ruft auch die Wirtschaftskammer OÖ auf, unwillige Bewerber zu melden.

Ein Newsletter, den Bezirksstellen der Wirtschaftskammer (WK) Tirol zuletzt an ihre Mitglieder verschickt haben, hat bei einigen Empfängern für Stirnrunzeln gesorgt. Sie werteten den Text als Aufruf zur Spitzelei. Wie berichtet, wurden die WK-Mitglieder aufgefordert, Arbeitslose an die Kammer zu melden, "die sich nur den berühmten ’Stempel’ abholen bzw. von vornherein gar nicht an einer Arbeitsaufnahme interessiert sind".

Die Namen will die Kammer dann über den jeweiligen Regionalbeirat ans AMS weiterleiten, damit es zu Prüfverfahren kommt, die in der Streichung des Arbeitslosengeldes münden können. Die Möglichkeit einer Meldung direkt ans AMS hatten Unternehmer freilich schon bisher. Die Jobagentur ist sogar darauf angewiesen. Für Datenschützer Hans Zeger ist die Aktion der Kammer "reinstes Vernaderertum", wie er gegenüber dem KURIER erklärte. Für das Erheben solcher Daten habe die WK zudem keine Rechtsgrundlage.

Auch in Oberösterreich: Kammer bläst zur Jagd auf Job-Verweigerer
Interview mit dem Präsidenten der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Dr. Rudolf Trauner, und Dr. Walter Bremberger, dem neuen Direktor der WKO OÖ, am 17.03.2014 in Linz.
Doch die Tiroler Vertretung der Unternehmer steht mit ihrer Kriegserklärung an angebliche Job-Verweigerer nicht alleine da. Wie Walter Bremberger, Direktor der Wirtschaftskammer Oberösterreich, auf Anfrage bestätigt, haben auch mehrere seiner Bezirksstellen derartige Aufrufe zum Anschwärzen gestartet: "Wir machen das seit Anfang Juni. Wir rufen Betriebe dazu auf, offenkundig Arbeitsunwillige zu melden."

Nicht nachvollziehen kann Bremberger die Kritik an der Aktion: "Ich bin erstaunt, dass es so große Widerstände gibt. Wir wollen dem AMS helfen. Und es geht uns darum, Bewusstsein zu schaffen", sagt er. Bleibt die Frage, warum die Kammer es nicht bei einem Aufruf, mögliche Missstände beim AMS direkt zu melden, belassen hat? "Den Unternehmern ist das Melden lästig. Von uns bekommen sie jemand an die Hand, der ihnen hilft. Die Unternehmer sind zunehmend resigniert. Wenn vom AMS 20 für einen Job genannt werden, dann kommen nur drei und keiner tritt die Arbeit an."

Wie auch seine Tiroler Kollegen argumentiert Bremberger den Aufruf mit einem offenkundigen Missverhältnis am Arbeitsmarkt und untermauert das mit Zahlen aus Oberösterreich: "Das essenzielle Thema ist: Wenn es bei 13.000 offenen Stellen 40.000 Arbeitslose gibt, dann funktioniert das System nicht." Für den Kämmerer ist es zudem fragwürdig, dass AMS-Regionalstellen offenbar unterschiedlich streng mit Konsequenzen für Job-Verweigerer sind. Dass das Datensammeln durch die Kammer-Jäger rechtswidrig ist, glaubt Bremberger nicht: "Sonst hätte ich es nicht gemacht. Die Daten werden nur an das AMS weitergeleitet und gehen sonst nirgendwo hin."

Kritik vom AAB

Tirols Chefin des ÖVP-Arbeitnehmerflügel AAB, Landesrätin Beate Palfrader, findet die Vorgangsweise hingegen "datenschutzrechtlich bedenklich. Ich verwehre mich gegen diese Aktion." Gemeinsam mit dem Tiroler Wirtschaftsbund will sie allerdings sehr wohl Aufklärung in Sachen Verweigerung von zumutbaren Jobs betreiben. Aber nicht Verfolgung und Bestrafung, sondern Aufklärung und Prävention müssten im Vordergrund stehen.

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