Arzt-Kinder bitten um Überprüfung

Der Freispruch wird vom Oberlandesgericht überprüft
Fall Dr. L.: Staatsanwalt beruft gegen Freispruch für Arzt, Oberlandesgericht ist am Zug.

Der Fall des steirischen Arztes Dr. L., der seine vier Kinder jahrelang gequält haben soll, geht in die nächste Instanz. Vergangenen Freitag war er freigesprochen worden, weil dem Richter die vorgeworfenen Handlungen nicht intensiv genug waren.

Die Staatsanwaltschaft Graz gab am Montag äußerst vage bekannt, dass die Beweiswürdigung nur anhand des schriftlichen Urteils überprüft werden könne und deshalb ein Rechtsmittel gegen den Freispruch angemeldet worden sei. Gleichzeitig stellte sich die Anklagebehörde ausdrücklich hinter Richter Andreas Rom: Aus der Berufung dürfe "nicht abgeleitet werden, dass die Staatsanwaltschaft Graz die gegen den erkennenden Richter erhobenen Vorwürfe einer einseitigen Prozessführung teilt."

Offener Brief

Diese Vorwürfe erheben vor allem die (erwachsenen) Kinder des Arztes, die Staatsanwalt Christian Kroschl und Justizminister Wolfgang Brandstetter in einem offenen Brief darum gebeten haben, "diesen für uns unfassbaren Freispruch" vom Oberlandesgericht Graz überprüfen zu lassen (was nun auch geschieht). Der Richter habe wichtige Beweismittel und Zeugen nicht zugelassen.

Es gibt aber noch einen Weg: Die Anwältin der Opfer (also der Kinder) könnte exakt wegen dieser Vorwürfe Nichtigkeitsbeschwerde einbringen. Sollte ihr stattgegeben werden, müsste der Prozess unter einem neuen Richter wiederholt werden.

Die Ex-Frau des Arztes wirft indes Richter Rom Rufschädigung vor. Er habe ihr vorgeworfen, die Kinder gegen den Vater aufgehetzt zu haben, damit sie daraus Vorteile schlagen könne. Es habe sich bloß um einen "Rosenkrieg" gehandelt, argumentierte der Richter.

Allerdings war die Scheidung des Ehepaares L. einvernehmlich und bereits 2012 erfolgt. Die Steirerin, ebenfalls Medizinerin, hatte auf den allergrößten Teil des Vermögens des Arztes verzichtet. Sie sagt, er habe sie mit Industrie-Grundstücken über den Tisch gezogen, die sich hinterher als fast wertlos entpuppt hätten. Im Prozess gestand die Ärztin ein, den Ex-Mann deshalb nach der Scheidung (ohne Erfolg) angezeigt zu haben.

Die vom Staatsanwalt als Quälen Minderjähriger angeklagten Vorkommnisse im Hause L. hatten sich lange vor der Scheidung ereignet: Der Vater rammte sich vor den Augen der Kinder einen Schraubenzieher in den Bauch und wies eine Tochter an, ihn heraus zu ziehen. Von seinem (damals kleinen) Sohn soll der Arzt verlangt haben, ihm intravenöse Injektionen zu verabreichen. Eine Tochter soll er medikamentenabhängig gemacht haben.

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