Papierkrieg um neues Pensionskonto

Papierkrieg um neues Pensionskonto
Trotz Titels muss jedes Semester nachgewiesen werden. PVA wird Info-Defizit beheben.

2,4 Millionen Bürger werden heuer von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) angeschrieben. Betroffen sind alle Jahrgänge ab 1955. Grund: Mit 2014 soll es ein persönliches Pensionskonto geben. Versicherte können dann auf einer Homepage einsehen, wie hoch ihre Pension ausfallen wird.

Doch bei 1,7 Millionen Österreichern zeigen die Versicherungs-Verläufe Lücken. Darunter auch bei Tausenden Akademikern. Denn die PVA verlangt schriftliche Bestätigungen über jedes belegte Semester. Wohlgemerkt bei früheren Studenten, die ihr Studium erfolgreich abgeschlossen haben. Der schriftliche Diplom-Nachweis wird aber von der PVA nicht als Nachweis akzeptiert.

Das bringt viele Akademiker auf die Palme. Beispiel Mag. Josef B.: „Ich hab mein Studium ohne Unterbrechung absolviert. Fast alle Semester, von 1996 bis 2002, konnte ich belegen. Zwei Semester allerdings nicht. Elf Jahre später urgiert jetzt die PVA zwei lächerliche Inskriptionsbestätigungen.“

Nicht relevant

Österreichs Pensionshüter forderten Herrn B. auf, sich an der Uni um die fehlenden Bestätigungen zu kümmern (siehe Faksimile): „Für meine zukünftige Pensionshöhe sind diese zwei Semester-Bestätigungen ohnehin nicht relevant.“

Und damit spricht der Akademiker das Grundübel der PVA-Aufforderung an: Lückenlose Semester-Bestätigungen werden nur dann benötigt, wenn der Versicherte Studienzeiten zurückkaufen möchte. Zur Erklärung: Schul- und Uni-Zeiten können für die Pension nachgekauft werden. Sie gelten dann als Versicherungsjahre. Davon steht aber in dem Schreiben der PVA keine Silbe. B. dazu: „Es entsteht der Eindruck, dass man verpflichtet ist, die Bestätigungen an der Universität zu besorgen.“

Womit das nächste Problem aufbricht. Denn die Uni-Institute sind personell chronisch unterbesetzt. Tausenden Akademikern ihre fehlenden Semester zu bestätigen, kostet viel Zeit. Der Sprecher des für die Unis zuständigen Wissenschaftsministeriums, Felix Lamezan, macht klar: „Grundsätzlich ist das kein Thema für das Ministerium. Die PVA hat das mit den Universitäten abzuklären.“

Ineffizienz

Die jedoch haben keine Freude mit dem Status quo. „Wir mussten wegen des Tauziehens um die Studiengebühren schon Personal aufnehmen“, so ein Sprecher der unabhängigen Universitätskonferenz. Nachsatz: „Die größte Quelle der Ineffizienz ist unser Gesetzgeber.“

PVA-Generaldirektor Winfried Pinggera kann die Aufregung teilweise nachvollziehen: „Wir werden die Versicherten, deren Verlauf Lücken aufweist, im Herbst noch einmal anschreiben. Dabei soll der Grund für das genaue Abfragen exakt erklärt werden. Dieses Schreiben enthält dann den Hinweis auf den Nachkauf von Studienzeiten. Aber auch die Inanspruchnahme von Witwen- und Waisenpensionen.“

Kaum Interesse

Stichwort Nachkauf: Da bis 2010 breites Interesse an dem System bestand, erhöhte der Gesetzgeber die Rückkauf-Kosten. Mittlerweile kommt ein Monat auf 1012,32 Euro, und kann altersabhängig bis auf 2368,83 Euro steigen. Macht für drei Jahre (maximale Nachkaufzeit) mindestens 36.443,52 Euro. Vor 2010 kostete ein Monat 300 Euro. Das Interesse am Rückkauf von Schul- und/oder Studienzeiten ist seit der Erhöhung der Nachkaufgebühren kaum mehr existent.

Das ab kommendem Jahr für jeden Steuerzahler gültige Pensionskonto, soll Versicherten eine Vorausberechnung der Pensionshöhe ermöglichen.

Es soll aber auch nach einem Todesfall in der Familie die Höhe der Witwen- bzw. Waisenpension anzeigen. „Diese Berechnung ist aber nur dann machbar, wenn es keine Lücken im Versicherungsverlauf gibt“, erklärt PVA-General Pinggera. Und genau diese Info fehlt in den Schreiben der PVA. Pinggera: „In der Herbst-Tranche reichen wir das nach.“

Eine eklatante Unschärfe hat die PVA im Zuge des Jahrhundert-Projekts „Individuelles Pensionskonto“ bereits behoben. Zu Jahresbeginn mussten alle Schulzeiten ab dem 15. Lebensjahr mittels Jahres-, Abschluss- und Reifezeugnis nachgewiesen werden. 337.000 Bürger der Jahrgänge 1958 bis 1965 wurde diese Aufforderung zugestellt. Wer aber hat Jahreszeugnisse – erhalten vor etwa 30 Jahren – noch griffbereit? Es folgte ein Sturm der Entrüstung. Der KURIER berichtete. Mittlerweile genügt das Reifezeugnis sowie andere Abschlusszeugnisse als Bestätigung. Jahreszeugnisse wurden gestrichen.www.neuespensionskonto.at

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