AHS-Übertritte: Kinder polnischer Mütter voran

Eine ehemalige Pädagogin geht juristisch gegen überfüllte Klassen vor (Symbolfoto).
Ein Drittel der Kinder von österreichischen Müttern besucht eine AHS - 56 Prozent der Kinder polnischer, aber nur 15 Prozent der Kinder türkischer oder kosovarischer Mütter. Vom Kindergarten profitieren Zuwandererkinder weniger.

Die Übertrittsquote von Kindern an AHS unterscheidet sich stark nach dem Geburtsland ihrer Mütter. So beträgt etwa die "AHS-Quote" von Kindern von polnischen Müttern 56 Prozent, während sie bei kosovarischen und türkischen Müttern nur bei je 15 Prozent liegt, zeigen am Donnerstag bei einer Tagung präsentierte Bildungsstandard-Daten. Kinder österreichischer Mütter besuchen zu 34 Prozent eine AHS.

Erstsprache weniger entscheidend

Für die unter anderem von den Sozialpartnern, der Caritas und dem Roten Kreuz veranstaltete Konferenz zu "Migration und Mehrsprachigkeit" stellte die Bildungsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger (Uni Linz) diverse Forschungsdaten zum Thema zusammen. Eines der Resultate: Leistungsunterschiede zwischen Schülern mit bzw. Schülern ohne Migrationshintergrund haben wenig damit zu tun, ob Deutsch Erstsprache der Kinder ist oder nicht. Vielmehr schneiden manche Sprachgruppen ähnlich bzw. sogar besser ab als rein deutschsprachige Schüler, während andere darunter liegen. Ausschlaggebend für Leistungsunterschiede ist vielmehr der Bildungshintergrund der Eltern.

Insgesamt besucht etwa ein Drittel aller Schüler in Österreich eine AHS. Auf diese Quote kommen auch die Kinder mit in Österreich geborenen Müttern. Im gleichen Bereich liegen Sprösslinge von Müttern aus Rumänien, Tschechien, den Philippinen, Kroatien, Russland und Ungarn. Wesentlich höher sind die AHS-Quoten neben den Kindern polnischer Mütter auch jener aus Ägypten (47 Prozent) und Deutschland (46 Prozent), etwas höher liegen sie auch bei aus Slowenien und der Slowakei stammenden Müttern (je 40 Prozent).

Großer Unterschied unter Herkunftsgruppen

Am anderen Ende der Skala rangieren neben Kindern kosovarischer und türkischer Mütter jene aus Mazedonien (20 Prozent), Serbien (25), Bosnien und Albanien (je 27 Prozent). Die großen Unterschiede zwischen den Herkunftsgruppen erklären sich vor allem mit dem Bildungsprofil der Eltern und regionalen Faktoren: So gibt es etwa in der ägyptischen Gruppe einen hohen Anteil an akademisch gebildeten Müttern - was mit einer hohen AHS-Beteiligung einhergeht. Außerdem wohnen nur wenige ägyptischstämmige Familien in ländlichen Gemeinden (wo es kaum AHS gibt).

Überhaupt ist die AHS-Teilnahme stark vom Bildungshintergrund der Eltern beeinflusst - selbst bei gleicher Leistung bei der Bildungsstandard-Erhebung. So besuchen bei gleicher Mathematik-Kompetenz von 533 Punkten bei den Standards (Leistungsdurchschnitt aller getesteter Schüler) über 60 Prozent der Kinder von universitär ausgebildeten Eltern eine AHS, über 40 Prozent der Kinder von Eltern mit Matura, aber nur 24 Prozent der Kinder von Eltern mit Pflichtschul- oder Lehrabschluss.

Wer profitiert vom Kindergartenbesuch?

Kinder von Zuwanderern profitieren leistungsmäßig vom Kindergartenbesuch weniger stark als einheimische Kinder. Dieser Befund steht im Gegensatz zu Studien aus anderen Ländern, wo Kinder aus Migrantenfamilien eigentlich stärker vom Kindergartenbesuch profitieren als einheimische. Als mögliche Gründe werden in der Studie "unterschiedliche Qualitätsniveaus" der betreffenden Kindergärten genannt, etwa bei Betreuungsschlüssel, Aktivitäten oder beim sprachlichen Verhalten der pädagogischen Fachkräfte.

Auch Unterschiede in der pädagogischen Ausrichtung der Kindergärten in den einzelnen Ländern seien möglich - so könnten etwa Berufsverständnis und rechtliche Rahmenbedingungen "keine kompensatorische Bildung für Kinder aus bildungsfernen Schichten" beinhalten. "Im Gegenteil, es besteht die Befürchtung, dass ein gezieltes Vorgehen, das dem Verständnis des Kindergartens als Bildungsinstitution entsprechen würde (wie etwa der Wortschatzaufbau), aus Angst vor einer Verschulung sogar abgelehnt wird."

Unterschiede zwischen den Bundesländern

Ebenfalls interessant ist die unterschiedliche Dauer des Kindergartenbesuchs der 2012 in der vierten Klasse AHS bzw. Neue Mittelschule/Hauptschule getesteten Schüler, die in Österreich geboren wurden (unabhängig vom Geburtsland der Eltern). In Vorarlberg besuchten nur 20 Prozent einen Kindergarten drei Jahre oder länger. In Niederösterreich waren es dagegen 55 Prozent, im Burgenland sogar 60 Prozent. Wien liegt in etwa im Österreich-Schnitt von etwas über 40 Prozent.

Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind auch innerhalb der Herkunftsgruppen sehr groß: Während im Burgenland mehr als die Hälfte der Kinder türkischer Eltern drei oder mehr Jahre im Kindergarten verbracht haben, waren es in Vorarlberg gerade einmal zehn Prozent. Wien liegt genau im Österreich-Schnitt von 32 Prozent.

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